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Rede von Kathrin Vogler zu Protokoll gegeben am 19.01.2017

Rede von Kathrin Vogler,

Worum geht es? Die Linke fordert schon lange das gesetzliche Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Dabei geht es uns vor allem um die Sicherheit der Patientinnen und Patienten und um die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln. Dass das Thema aktuell ist, verdanken wir dem Europäischen Gerichtshof, der die in Deutschland geltende Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente aufgehoben hat – allerdings nur für ausländische Versandapotheken.

Die Linke will die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln aber nicht global agierenden Handelsketten überlassen. Verschreibungspflichtige Medikamente gehören in fachkundige Hände von Apothekerinnen und Apothekern und nicht in den Pakettransporter. Außerdem ist der Internethandel ein wichtiges Einfallstor für Arzneimittelfälschungen.

Internationale Versandhändler werben mit Preisnachlässen und Bonuszahlungen um die Patientinnen und Patienten, insbesondere um solche mit chronischen Erkrankungen und teuren Medikamenten. Das ist für die Patientinnen und Patienten vor allem deshalb attraktiv, weil sie durch Zuzahlungen auf Arzneimittel fürs Kranksein finanziell bestraft werden. Deswegen wird auch meine Partei im Bundestagswahlkampf die Abschaffung dieser Strafgebühr für Kranke wieder auf die Tagesordnung setzen.

Warum sind wir trotzdem gegen den Versand? In Internetapotheken bestellen kann man nur, wenn der Bedarf zeitlich planbar ist. Für Notfälle und am Wochenende ist das nichts. Jeder braucht darum eine Apotheke in der Nähe, die auch nachts und an Feiertagen Notdienst leistet. Viele Apotheken liefern übrigens kostenlos Medikamente, oft noch am selben Tag. Die Arzneimittel werden ins Haus gebracht, aber eben nicht nur durch Paketzusteller, sondern durch pharmazeutisch geschulte Fachkräfte. Das ist sicherer und schneller noch dazu. Wenn wir dem Versandhandel erlauben, sich die Rosinen herauszupicken, indem sie die teuren Arzneimittel für chronisch Kranke liefern, aber keine Beratung vor Ort und keinen Nachtdienst anbieten, dann gefährden wir das Überleben von Apotheken auf dem Land. Natürlich haben wir keinen grundsätzlichen Mangel an Apotheken hierzulande, und den meisten geht es wirtschaftlich gut, aber gerade in ländlichen Regionen ist das anders. Ich habe mit Apothekern aus kleinen Orten in meinem Wahlkreis gesprochen und mir zeigen lassen, wie sie die Versorgung der Landbevölkerung sicherstellen: oft mit Beratungsangeboten und Dienstleistungen, die weit über das Angebot einer Großstadtapotheke hinausgehen. Diese wichtige Infrastruktur müssen wir bewahren.

Gesamtgesellschaftlich sind Boni und Preisnachlässe in den Apotheken kein wirksames Rezept gegen die explodierenden Arzneimittelkosten im Gesundheitswesen. Von knapp 40 Milliarden Euro Ausgaben für Arzneimittel entfällt nur ein kleiner Anteil auf die Apotheken, und die wiederum können davon nur einen kleinen Anteil als Rabatt gewähren. Wer an die Kosten für Arzneimittel rangehen will, der muss den Pharmakonzernen ihre teils zweistelligen Renditen streitig machen. Aber die Bundesregierung fasst die Pharmaindustrie weiter mit Samthandschuhen an und lässt gigantische Einsparpotenziale ungenutzt.

Meine Fraktion und ich haben diesen Antrag heute eingebracht, weil wir Druck machen wollten. Das scheint ja auch gelungen zu sein. Schon sehr schnell nach dem EuGH-Urteil gab es eine Initiative aus den Bundesländern, auch unterstützt von Thüringen und Brandenburg. Dann hat Minister Gröhe einen Gesetzentwurf zum Verbot des Versandhandels angekündigt, auf den wir gespannt warten. Aber die SPD und namentlich Herr Lauterbach tut sich extrem schwer damit. Ich will mal nicht unterstellen, dass das Sponsoring von DocMorris in Richtung SPD und Seeheimer Kreis dafür die Motivationshilfe war; das wäre doch gar zu billig. Aber dass Sie, Herr Lauterbach, als Abgeordneter aus dem Wahlkreis Düren für ein paar Boni riskieren würden, dass die letzte Apotheke in Heimbach oder Inden für immer schließen muss, das finde ich absolut unverantwortlich.

In der Deutschen Apotheker Zeitung haben Sie dann vorgeschlagen, den Apothekern Extrahonorare zu zahlen, wenn sie Beratungskabinen einrichten. Das ist einfach nur peinlich. Erstens sind die Apotheker schon heute gesetzlich verpflichtet, Beratungsräume vorzuhalten, nicht nur Kabinen. Und zweitens ist es offensichtlich, dass Sie mit diesem Vorschlag lediglich auf Zeit spielen. Denn das von Ihrem Parteivorsitzenden Gabriel geführte Bundeswirtschaftsministerium hat ein Gutachten zum Apothekenhonorar in Auftrag gegeben, das erst im Herbst nach der Bundestagswahl fertig sein soll. Was dabei herauskommt, ist offen. Ein Schuft, wer Böses dabei denkt.

Inzwischen scheinen Sie sich ja auch dem Kern des Pudels anzunähern: Ihr jüngst auf Twitter vorgetragener Vorschlag, zusammen mit dem Versandhandelsverbot zumindest chronisch Kranken die Zuzahlungen auf Medikamente zu erlassen, der weist ja in die richtige Richtung. Wenn sich CDU/CSU und SPD nun darauf verständigen könnten, in einem Gesetzentwurf gleich zwei Forderungen der Linken zumindest teilweise zu verwirklichen, dann hätte unser heutiger Antrag wirklich seinen Zweck erfüllt und wieder einmal gezeigt: Links wirkt.