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Rede von Kathrin Vogler zu Protokoll gegeben am 01.06.2017

Rede von Kathrin Vogler,

Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf will die Bundesregierung noch kurz vor Toresschluss gleich eine Reihe unterschiedlicher Sachverhalte regeln. Das macht es natürlich schwierig, in vier Minuten die ganze Bandbreite anzusprechen.

Aber man merkt schon, dass im Ministerium gerade unter Zeitdruck gearbeitet wird: Auf die Schnelle sind der Bundesregierung einige Schnitzer passiert, die im Beratungsverlauf noch korrigiert werden müssten. An mehreren Stellen finden sich unzulängliche Begriffsbestimmungen, fehlende Differenzierung, uneinheitliche Sprachregelungen und zum Teil inkonsistente Regelungen zu Genehmigungsverfahren.

Auch wundert es mich, warum die Bundesregierung Blutstammzellen in Deutschland anders als in der EU unterschiedlichen Qualitätsanforderungen unterwerfen will, je nachdem, ob sie aus dem Knochenmark oder der Nabelschnur stammen. Kann mir da mal jemand den Sinn erklären?

Eine wissenschaftliche Auswertung der zur Verfügung stehenden Daten für angeborene Blutungskrankheiten ist sinnvoll und wird von uns unterstützt. Aber es bringt für die Betroffenen keinerlei Nutzen, wenn das bereits existierende Hämophilieregister künftig allein beim Paul-Ehrlich-Institut liegt und die Betroffenenorganisationen nicht mehr beteiligt sind. Stattdessen sollte die Bundesregierung ein schlüssiges Konzept für die Datengewinnung und vor allem für die Auswertung der im DHR gesammelten Daten vorlegen. Aber das leistet ihr Entwurf nicht.

Insbesondere bereitet in der Praxis große Sorge, dass die Regelungen zu Blut- und Gewebezubereitungen über das Transplantationsgesetz, das Transfusionsgesetz und das Arzneimittelgesetz verteilt sind. Dass dies insbesondere bei Keimzellen zu einer großen Unübersichtlichkeit führt, beklagen Praktiker und Juristen. Sie sehen da große Probleme und rechtlichen Klärungsbedarf. Zudem gibt es gerade bei der Reproduktionsmedizin jede Menge offener Fragen. Bei Keimzellspenden und nicht zuletzt Embryonenspenden im Ausland kommt es auch für Kinder, die in Deutschland aufwachsen oder geboren werden, zu vielen ungeklärten familienrechtlichen Fragen. Einer Klärung geht die Bundesregierung wie beim Samenspenderegister auch mit diesem Gesetz wieder aus dem Weg – abermals eine vertane Chance.

Kommen wir zu den Änderungen bei der Pflegeberatung:

Im Gesetzentwurf erklärt die Bundesregierung, es sollen „technische Anpassungen sowie Änderungen der Regelungen zu den Modellvorhaben zur kommunalen Beratung im SGB XI vorgenommen“ werden. Das klingt harmlos und irgendwie unspektakulär. Was Sie aber genau vorhaben, betrachten wir durchaus kritisch.

Sie wollen die Möglichkeit schaffen, dass Kommunen, die Modellprojekte zur Pflegeberatung durchführen, besser auf lange gewachsene Strukturen und die Kompetenz der Pflegekassen zurückgreifen können. So sollen Kommunen künftig darauf verzichten können, die Pflegeberatung in eigenen Beratungsstellen durchzuführen, wozu sie diese Bundesregierung erst im letzten Jahr mit dem Pflegestärkungsgesetz III verpflichtet hatte – und zwar unabhängig vom Vorhandensein anderer Möglichkeiten. Das hört sich ja zunächst mal vernünftig an.

Aber was gar nicht geht, ist, dass Sie die Qualitätsstandards für die Pflegeberatung aufweichen wollen und dass die Kommunen das so eingesparte Geld behalten dürfen. Denn erstens brauchen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen bestmögliche Beratung und nicht irgendwelche. Und zweitens gehört dieses Geld den Pflegeversicherten, nicht der öffentlichen Hand. Deswegen sage ich Ihnen: Lassen Sie die Finger von der Beratungsqualität und sorgen Sie dafür, dass die Beiträge der Pflegeversicherten wirklich in der Pflege ankommen. Sonst werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen können.