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Rede von Jörn Wunderlich zu Protokoll gegeben am 09.03.2017

Rede von Jörn Wunderlich,

Da ist sie wieder: die Ausweitung des Fahrverbots auf alle Strafen unabhängig der Verkehrsbezogenheit der Delikte. Der Gedanke ist ja nicht neu, wurde immer wieder einmal hochgeholt und dann wieder versenkt, – zu Recht, wie ich meine.

Gerade diese Ausweitung halte ich im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Strafrechts und der erwünschten Wirkung auf den Täter für problematisch, weil eine neue Ausbildungsstelle, ein neuer Arbeitsplatz, die Einbindung in soziale Netzwerke integrativ und reduzierend auf die Wahrscheinlichkeit der Begehung einer erneuten Straftat wirken können. All dies kann aber mit einer derartigen Sanktion gefährdet werden.

Auch wird diese neue Strafe nicht auf alle Angeklagten anwendbar sein, sondern nur auf diejenigen mit Führerschein. Das Ziel, eine umfängliche dritte Sanktionsform zu schaffen, kann also nicht erreicht werden. Vielmehr sind hier schwer zu begründende Ungleichbehandlungen denkbar, so zum Beispiel, wenn bei Mittätern der eine ein Fahrverbot erhalten soll und der andere mangels Führerschein eine kurze Freiheitsstrafe verbüßen soll.

Es sollten Sanktionsformen gewählt werden, die mit der Tat im Zusammenhang stehen, da diese für den Täter auch nachvollziehbar sind. Dies wäre hier gerade nicht der Fall.

Ferner fehlt es an einem objektiven Verrechnungsmaßstab des Fahrverbots gegenüber der Geldstrafe beim führerscheinlosen Täter. Anders als beim Freiheitsentzug und der Geldstrafe fehlt es beim Fahrverbot an einer Einheit mit allgemeiner Gültigkeit, da die Folgen des Fahrverbots je nach Täter unterschiedliche wirtschaftliche und soziale Auswirkungen haben können.

Da sich im Gesetzentwurf keine detaillierten Angaben finden lassen, in welchen Fällen das Fahrverbot verhängt werden soll, ist neben den beschriebenen Problemen überdies die Gewährleistung des Bestimmtheitsgebots problematisch.

Daneben wird statistisch nur der allergeringste Teil der Fahrer ohne Fahrerlaubnis überhaupt entdeckt. Das Risiko besteht, dass die Verurteilten dennoch weiterfahren und als Konsequenz lernen, dass die Verurteilung wirkungslos bleibt und ein Verstoß nicht weiter schadet. Das würde die Zielsetzung des Strafrechts ad absurdum führen.

Als Gegenargument in den Medien wird vorgebracht, dass das Fahrverbot insbesondere gegen Väter, die den vorgeschriebenen Unterhalt an die alleinerziehende Mutter nicht zahlen, eingesetzt werden soll. Häufig wäre eine Geldstrafe hier nicht erfolgreich. Nach einer Bertelsmann Studie würden 2,3 Millionen Kinder in einem Ein-Eltern-Haushalt aufwachsen. Die Hälfte würde dabei gar keinen Unterhalt und 25 Prozent nur unregelmäßig welchen erhalten. Dies sei für die Mütter eine schwere Belastung.

Zwar stimmt es, dass hier ein großes Problem für die Mütter besteht, jedoch bleibt die Forderung nach einem Fahrverbot für solche Fälle rein populistisch. Denn in den allermeisten Fällen scheitert es nicht an dem Unwillen der Väter, sondern vielmehr an ihrer aktuellen Zahlungsunfähigkeit. Hier springen dann vorerst die Ämter ein, die später versuchen, das Geld zurückzubekommen. Sofern es sich tatsächlich um Zahlungsunwillige handelt, wäre wiederum eine konsequentere Zwangsvollstreckung das deutlich bessere Mittel. Denn damit kommt auch das Geld auf das Konto, im Gegensatz zu einem Fahrverbot. Daneben ist der Vorschlag auch absurd, weil er zivilrechtliche und strafrechtliche Probleme vermischt; reiner Populismus also.

Sinnvoller für eine wirksame Strafe wäre unter Umständen eine Änderung des § 40 Absatz 2 StGB, welcher regelt, was bei der Berechnung der Tagessätze berücksichtigt wird. Hier müssten tatsächlich ermittelte Vermögenswerte und weitere Verbindlichkeiten ausreichende Berücksichtigung finden.

Die Ergänzungen der Regelbeispiele zur Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung sind problematisch. Insbesondere die geplante Nummer 3 will eine Strafbarkeit für den Fall regeln, dass jemand „fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet“. Dabei ist allerdings in der Nummer 2 bereits das Verwenden solcher Belege geregelt. Hier soll dagegen noch einmal speziell das Verschaffen solcher unter Strafe gestellt werden. Damit handelt es sich also um eine Vorverlagerung der Strafbarkeit, die ich generell kritisch sehe.

Auch die Abschaffung des Richtervorbehalts bei Blutprobeentnahmen bei Straßenverkehrsdelikten ist nicht ohne, da diese einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstellen. Nur durch einen Richtervorbehalt kann die strukturelle Ungleichheit im Verfahren ausgeglichen werden. Untersuchungen, die bedeutsame Defizite in der Erreichbarkeit von Richtern in der Nachtzeit feststellen konnten und folglich die Beweissicherung gefährdet hätten, sind zudem nicht bekannt. Sollten hier dennoch Lücken auftreten, müssten diese beseitigt werden, um, wie ich es heute Mittag bereits sagte, der Gerechtigkeit endlich zum Durchbruch zu verhelfen.

Das grundlegende Ziel, Drogenabhängige schneller einer Therapie zuzuführen, ist zu begrüßen. Dies entspricht auch den Wünschen aus der Praxis. Vielleicht sollte man sogar so weit gehen, nur zwei Drittel zu vollstrecken und den Rest bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Zurückstellung nach 35 Betäubungsmittelgesetz mit entsprechender Auflage zur Bewährung auszusetzen. So könnten auch die hier Betroffenen schneller einer Therapie zugeführt werden. Denn in der Haft können nur schwer die erforderlichen Therapien angeboten werden. Schon wenn es sich um Freiheitsstrafen von mehreren Monaten handelt, kann dies den Therapieerfolg ernsthaft gefährden.

Zur Stärkung der Bewährungshilfe und Straffälligenarbeit lässt sich konstatieren, dass die Vereinfachungen und Klarstellungen mit Rücksicht auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht im Interesse einer effizienten Gefahrenabwehr liegen. Daneben können Daten zu den persönlichen Verhältnissen des Verurteilten die Qualität der Behandlungsuntersuchung zu Beginn der Inhaftierung und die Entlassungsvorbereitung an deren Ende verbessern.

Die neuen Tatbestände auch zur leichtfertigen Tötung und Zerstörung von streng geschützten wildlebenden Tier- und Pflanzenarten sind grundsätzlich sinnvoll und unterstützenswert.