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Rede von Inge Höger am 22.06.2017

Rede von Inge Höger,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zahl der humanitären Krisen hat weltweit in erschreckendem Maße zugenommen. UNICEF warnt, dass in diesem Jahr etwa 2 Millionen Kinder am Horn von Afrika, im Südsudan, in der Tschadsee-Region und im Jemen lebensbedrohlich mangelernährt und vom Hungertod bedroht sind – 2 Millionen Kinderleben! Das kann und darf uns nicht egal sein.

Auch immer mehr erwachsene Menschen sind wegen Mangelernährung so geschwächt, dass sie an heilbaren Krankheiten sterben und dass Epidemien um sich greifen. Im Jemen sind über 100 000 Menschen an Cholera erkrankt. 1 100 sind bereits gestorben. Wie viele noch sterben werden, weiß niemand.

Die saudische Blockade hat die jemenitische Ökonomie weitgehend zerstört, und sie behindert auch die humanitäre Hilfe. Durch Luftangriffe wurden Dutzende von Krankenhäusern zerstört und wurde medizinisches Personal einschließlich Angehöriger internationaler Hilfsorganisationen getötet. Wie kann es sein, dass an die verantwortlichen Golfstaaten nach wie vor Waffen geliefert werden? Die Rüstungsexporte müssen sofort gestoppt werden.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Klimawandel verursacht immer mehr Extremwetterlagen, Stürme, Dürren und Überschwemmungen. Diese Katastrophen zerstören Ernten, töten und verletzen Menschen direkt und indirekt. Den betroffenen Menschen schulden wir unmittelbare Nothilfe, aber auch einen grundlegenden Politikwechsel.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen fordert die Linke einen konsequenten sozialökologischen Umbau.

Es ist dringend nötig, die humanitäre Hilfe auszubauen. Es ist unerträglich, dass sie seit vielen Jahren drastisch unterfinanziert ist. Es darf nicht sein, dass bei Notlagen nur selektiv geholfen werden kann, weil das Geld nicht reicht. Es ist gut, Institutionen zu haben und zu stärken, die es sich zur Aufgabe machen, die humanitäre Hilfe zu verbessern. Es lohnt sich, die internationale Kooperation zu verbessern und in die Fortbildung der humanitären Akteurinnen und Akteure zu investieren. Vor allem muss alles dafür getan werden, dass humanitäre Hilfe neutral und allein an sachlichen Kriterien orientiert arbeiten kann. Eine Instrumentalisierung für Machtpolitik oder gar für militärische Interessen muss ausgeschlossen werden.

Eines jedoch ist klar: Alle noch so gut ausgestatteten Beratungsinstitute und Hilfsfonds bleiben machtlos, wenn bewusst humanitäre Katastrophen ausgelöst oder diese zumindest in Kauf genommen werden. Ich nenne hier nur beispielhaft den Krieg gegen den Irak oder in Libyen oder die Verweigerung legaler Einreisemöglichkeiten für Menschen, die Schutz in Europa suchen.

Dass immer mehr Menschen im Mittelmeer ertrinken, ist ein Ergebnis der EU-Abschottungspolitik. Schaffen Sie endlich legale Einreisemöglichkeiten für Menschen in Not!

(Beifall bei der LINKEN)

Wie kann es ein, dass sich Deutschland an einer sogenannten Antiterrorkoalition beteiligt, die durch ihre Bombardements die humanitäre Notlage im Irak und in Syrien noch verschärft? Wie kann es sein, dass Verbündete Deutschlands weißen Phosphor über zivilen Stadtvierteln einsetzen – zum Beispiel in Mosul oder Rakka? Weißer Phosphor frisst sich durch die Haut bis auf die Knochen. Da diese Verbrennungen meist großflächig sind, sterben Betroffene langsam, sofern sie nicht vorher schon durch Inhalation der giftigen Dämpfe, Verbrennung der Atemwege oder Vergiftungen sterben.

Wer so eine vollständig inhumane Waffe einsetzt, stellt kurzfristige militärische Erfolge über Menschenleben und füttert am Ende doch die Propagandamaschine des IS. Das ist falsch und unerträglich.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir die humanitäre Lage wirklich weltweit verbessern wollen, dann muss nicht nur deutlich mehr Geld zur Verfügung gestellt werden, sondern auch die deutsche und die europäische Außenpolitik müssen sich grundlegend ändern. Notwendig sind eine Abkehr von der militärischen Außenpolitik, eine verantwortungsvollere Klimapolitik und ein Ende der Rüstungsexporte. Angesichts der globalen Situation haben wir hier keine Zeit zu verlieren.

(Beifall bei der LINKEN)