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Rede von Gregor Gysi am 05.09.2017

Rede von Gregor Gysi,

Vielen Dank, Herr Vizepräsident. – In den Reden vieler Rednerinnen und Redner wurden heute die ausscheidende Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn und der ausscheidende Vizepräsident Johannes Singhammer gewürdigt, und ihnen wurde Dank ausgesprochen. Ich schließe mich dem selbstverständlich an. Ich bin auch den beiden Fraktionsvorsitzenden meiner Fraktion dankbar dafür, wie sie sich bei ihnen, aber vor allen Dingen auch beim Bundestagspräsidenten Professor Dr. Norbert Lammert bedankt haben. Auch dem schließe ich mich an. Aufgrund des Verhältnisses zwischen dem Herrn Bundestagspräsidenten und mir finde ich aber, dass ein paar persönliche Worte zum Abschied vielleicht doch angebracht sind.

Sie, Herr Professor Dr. Lammert, gehören dem Bundestag seit 1980, also seit 37 Jahren, an und sind seit 2005 Präsident des Bundestages. Ich kann mir vorstellen, wie schwer es ist, wenn man aus einer Partei und einer Fraktion kommt und plötzlich die Zuständigkeit für alle Abgeordneten erhält, die ganz andere Herkünfte und ganz andere politische Auffassungen haben. Man soll ja der Präsident für alle sein. Das gelingt wirklich nicht jedem, aber ich muss sagen: Ihnen ist es wirklich gut gelungen.

Ich habe Sie sehr respektiert, als Sie verschiedene Abgeordnete und verschiedene Fraktionen gegen den türkischen Präsidenten Erdogan verteidigt haben, der sie beschimpft hat. Das hat Mut gezeigt.

Sie haben Reden gehalten, die auch mich erstaunt haben. Sie konnten von der CSU bis zur Linken akzeptiert werden. Das muss man erst einmal hinkriegen. Aber das ist Ihnen eigentlich fast immer gelungen, muss ich sagen.

(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)

Sie haben sogar Auseinandersetzungen mit den Medien geführt; das heißt, Sie waren und sind auch bereit, sich unbeliebt zu machen. Auch das ist nicht selbstverständlich. Sie waren auch nie parteiisch und nie der verlängerte Arm irgendeiner Koalition.

Ihr eigentliches Verdienst besteht darin, dass Sie so sehr Präsident des Parlaments waren, dass Sie dem Parlament eine andere Stellung in der Gesellschaft gegeben haben. Das verdanken wir gerade Ihnen, weil Sie bewiesen haben: Man kann Präsident des Parlaments sein und keine andere Aufgabe dabei wahrnehmen. – Dafür, finde ich, gebührt Ihnen Respekt.

(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)

Sie haben, Herr Bundestagspräsident, immer die Rechte der Regierungsfraktionen geachtet, aber genauso die Rechte der Oppositionsfraktionen, und Sie haben auch heute wieder über Minderheitenrechte gesprochen, die so wahnsinnig wichtig sind. Wenn eine Mehrheit meint, die Kontrolle über sich reduzieren zu dürfen, hat sie die Demokratie nicht verstanden. Sie haben sie verstanden.

Weil ich älter bin als Sie, möchte ich Ihnen zum Schluss noch zwei weise Ratschläge mitgeben; dazu bin ich ja berechtigt. Der erste Ratschlag ist: Sie müssen sich ganz bewusst entscheiden, das Alter zu genießen. Alles andere hat keinen Sinn. Mein zweiter Ratschlag ist: Reden Sie bloß nicht so viel über Krankheiten. Das macht nicht gesund.

Nun will ich Ihnen als Letztes – ich hoffe, im Namen des ganzen Hauses, aber vor allem in meinem Namen – in jeder Hinsicht Wohlergehen für Ihren neuen Lebensabschnitt wünschen und einfach ein Wort sagen: Danke!

(Beifall im ganzen Hause)