Zum Hauptinhalt springen

Leider kann man Aktien nicht essen

Rede von Gesine Lötzsch,

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Weizenpreis geht durch die Decke. Kostete eine Tonne Weizen Anfang Februar 264 Euro, sind es in dieser Woche bereits 376 Euro. Hungersnöte bedrohen Millionen von Menschen. Und was tut die Bundesregierung effektiv gegen diese Not, Herr Minister? Diese Frage haben Sie nicht beantwortet.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der AfD: Na, nichts!)

Sie wollen sich im Rahmen der deutschen G‑7-Präsidentschaft dafür einsetzen, dass die Märkte offenbleiben und der globale Handel funktioniert. Doch wie wollen Sie das machen? Wo ist im Bundeshaushalt das Geld eingestellt, um die Weizenpreise zu drücken? Wir haben es nicht gefunden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Marktgläubigkeit hilft nicht weiter. Der Amazon-Kapitalismus – heute bestellt und morgen geliefert – ist nicht nur hochriskant, sondern lebensgefährlich, und Vorsorge darf für diese Bundesregierung kein Fremdwort sein.

Da bin ich schon bei den ökologischen Vorrangflächen; vorhin wurden Brachen genannt. Ich fand es wichtig und richtig, dass diese Flächen gesichert wurden, und nun wollen Sie einen Teil dieser Flächen für die Futterproduktion freigeben. Ich frage Sie: Wäre es nicht viel sinnvoller, ein 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen Ackerland in das Grundgesetz zu schreiben? Das wäre gut für unsere Ernährungssicherheit.

(Beifall bei der LINKEN)

In den vergangenen 15 Jahren haben sich die Preise für Ackerland verdreifacht. Gerade in Ostdeutschland haben Investoren – Franz Müntefering von der SPD nannte sie einst Heuschrecken – vielen Bäuerinnen und Bauern das Arbeiten unmöglich gemacht.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sollten Sie mal ernst nehmen!)

Statt ökologische Flächen zu bewirtschaften, sollten sie Ackerland kaufen und preiswert verpachten.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: LPG-Nachfolger! – Dieter Stier [CDU/CSU]: In der DDR war alles staatlich!)

Das würde den Bäuerinnen und Bauern helfen und die Ernährung langfristig sichern.

Wir brauchen einen Preisdeckel für Ackerland. Besser wäre es noch, wenn Grund und Boden Gemeineigentum wären. Das wäre wirklich nachhaltig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN – Stephan Protschka [AfD]: Sozialismus pur!)

Für wen, meine Damen und Herren, ist die Lebensmittelversorgung in unserem Land wirklich gesichert? Der Hartz-IV-Satz hat schon vor der Krise nicht zum Leben gereicht. Mit steigenden Preisen für Energie und Lebensmittel wird es für viele Menschen eng und bedrohlich. Sie müssen für einen Inflationsausgleich sorgen und sofort den Hartz-IV-Satz und die Minirenten anheben. Das wäre der richtige Weg.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher: Ein Sondervermögen Ackerland würde uns langfristig mehr Sicherheit bringen als ein Sondervermögen Rheinmetall – ja, Rheinmetall –; denn es geht nicht um die Bundeswehr, sondern um die Aktienkurse von Rheinmetall. Nur kann man Aktien leider nicht essen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wo ist jetzt die Agrarrede?)