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Vermögende wirksam besteuern – Nachtragshaushalt zurückziehen

Rede von Gesine Lötzsch,

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht um 60 Milliarden Euro. Das ist mehr als der gesamte Verteidigungsetat – damit wir einmal wissen, um welche Größenordnung es geht. Diese 60 Milliarden will Finanzminister Lindner der Kontrolle des Bundestages weitgehend entziehen.

(Otto Fricke [FDP]: Genau andersrum!)

Das ist ein Angriff auf das Parlament und auf das Grundgesetz. Ein denkbar schlechter Einstieg, Herr Lindner!

(Beifall bei der LINKEN)

In der Opposition hat die FDP ein solches Vorgehen als verfassungswidrig gebrandmarkt, und auf einmal soll das alles verfassungskonform sein. Wir sagen Ihnen ganz klar: Nein, das ist es nicht!

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, die alte Bundesregierung war der Auffassung, dass man die Pandemie mit Verordnungen bekämpfen könne. Der Bundestag wurde als Störfaktor ausgeschaltet. Wir haben gesehen, wohin das führte: Maskendealer schossen wie Pilze aus dem Boden, und in der Unionsfraktion konnten wir Anzeichen von Clankriminalität erkennen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erinnere nur an den CSU-Abgeordneten Nüßlein. Er hat sein Mandat missbraucht, um dubiose Geschäfte zu machen. Das ist nicht vergessen. Korruption darf nicht länger straffrei sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Grundrechte einzuschränken und dem Parlament die Kontrollrechte zu entziehen, das ist einer Demokratie unwürdig. Wenn Sie mehr Fortschritt wagen wollen, dann geht das nur, in Anlehnung an Willy Brandt, mit mehr Demokratie. Ohne Demokratie gibt es keinen Fortschritt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

240 Milliarden Euro hat der Bundestag für die Bekämpfung der Pandemie als Kreditermächtigung bewilligt. 60 Milliarden wurden nicht ausgegeben. „Warum nicht?“, fragen wir. Haben wir etwa genügend Luftfilter in den Schulen? Nein. Haben wir etwa ausreichend Pflegekräfte? Nein. Und jetzt kommt der Höhepunkt: Haben wir ausreichend Impfstoffe? Auch das nicht. Das ist doch nicht zu fassen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der LINKEN)

In der vergangenen Woche hat der Bundestag eine einrichtungsbezogene Impfpflicht beschlossen; über eine allgemeine Impfpflicht wird diskutiert. Ex-Minister Jens Spahn erklärte immer wieder: Es ist ausreichend für alle da. – Und dann kommt der neue Minister, Karl Lauterbach, macht eigenhändig, wie er uns gestern im Haushaltsausschuss erklärt hat, die Inventur und sagt: Wir haben zu wenig. – Es ist doch unglaublich: Wir sind voll in der vierten Coronawelle und haben zu wenig Impfstoff. Das ist eine große Enttäuschung für uns und für die Menschen im Land, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben viel Geld für die Rettung von DAX-Konzernen ausgegeben, aber Sie haben kein Geld ausgegeben für die Menschen, die sich mit 450‑Euro-Jobs über Wasser halten mussten und ohne Kurzarbeitergeld vor dem Nichts stehen. Sie haben nichts unternommen, um ausgebildete Pflegekräfte wieder in den Beruf zurückzuholen. Ja, das kostet Geld, aber das Geld war auch da. Die alte Regierung war unfähig und unwillig, dieses Geld sinnvoll auszugeben, und darum wurde sie auch zu Recht abgewählt.

Aber das Täuschungsmanöver von Herrn Lindner hat doch nur einen einzigen Grund: Sie brauchen dringend Geld, und Sie wollen nicht die Steuern für die Vermögenden erhöhen. Sie verhalten sich nicht wie ein Bundesfinanzminister, Sie verhalten sich wie ein Vermögensverwalter der Superreichen. Da kann ich nur sagen, meine Damen und Herren: Aufgabe verfehlt!

(Beifall bei der LINKEN)

Ich fordere SPD und Grüne ganz deutlich auf: Machen Sie dieses Spiel nicht mit! Sie hatten in Ihren Wahlprogrammen erklärt, Sie wollten die Vermögenden zur Finanzierung dieses Landes heranziehen. Davon dürfen Sie sich nicht verabschieden! Das ist unser Appell an Sie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Also: Ziehen Sie diesen Nachtragshaushalt zurück, und übernehmen Sie unseren sinnvollen Vorschlag! Wir wollen eine Vermögensabgabe für die reichsten 0,7 Prozent – ich wiederhole: 0,7 Prozent – der Bevölkerung in diesem Land. Da hätten wir hohe Einnahmen. Das wäre der richtige Weg. Das wäre sozial gerecht und nachhaltig.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)