Dieser im Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf strebt eine Anpassung zu dem vom Europarat vereinbarten Rahmenbeschluss 2008/841/JI vom 24. Oktober 2008 an. Mit dem Gesetzesentwurf wird der Begriff der kriminellen Vereinigung in § 129 StGB an die Definition in dem genannten Rahmenbeschluss angepasst. Dadurch wird der Tatbestand des § 129 StGB deutlich erweitert. Eine kriminelle Vereinigung ist zukünftig „ein auf längere Dauer angelegter von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses“. Nach der bisherigen Rechtsprechung verlangt eine Vereinigung dagegen „einen auf eine gewisse Dauer angelegten, freiwilligen organisatorischen Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame kriminelle Zwecke verfolgen und derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband fühlen.“ Dieser Erweiterung soll einschränkend begegnet werden, indem die Begehung einer Straftat verlangt wird, die im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht ist. Ursprünglich war hier eine Strafbarkeit von mindestens fünf Jahren geplant. Da dann aber der für rechtsextreme Gruppen typische §130 StGB herausgefallen wäre, wurde dies geändert. Diese Einschränkung wirkt sich jedoch nicht auf den § 129 a StGB aus.
Die Regierungen der Mitgliedstaaten haben erheblichen Einfluss auf die Gesetzgebung innerhalb der EU. In Deutschland findet das über den Artikel 23 GG statt. Weil mit der neuen Definition die bisher vorausgesetzte „Gruppenidentität“ nicht mehr erforderlich ist, fallen danach auch hierarchisch organisierte Zusammenschlüsse, in denen die Mitglieder sich einem autoritären Anführerwillen unterwerfen, unter den Tatbestand. Neben dieser unter Umständen sinnvollen Erweiterung führt die neue Definition aber auch dazu, dass Gruppierungen mit einer lockeren Netzstruktur unter den Tatbestand fallen. Die sowieso schon kritisierte vorverlagerte Strafbarkeit der Tatbestände wird also noch weiter vorverlagert und ausgeweitet. Trotz der Einschränkung für den §129 StGB kann eine solche Erweiterung wegen der grundlegenden Kritik an der in den Tatbeständen weit vorverlagerten Strafbarkeit nicht mitgetragen werden.
Die Forderung nach einer Verschärfung des Strafrechts ist keine angemessene Lösung des Problems. Eine Verschärfung des Strafrechts hilft den Opfern nicht, hat auf Täter keine abschreckende Wirkung und führt deshalb auch nicht zu mehr Sicherheit. Präventive Maßnahmen sind nachhaltiger und versprechen im Gegensatz zur Strafrechtsverschärfung, konkrete Erfolge zu zeigen. Wir brauchen mehr Prävention im Bereich der Gruppen, die für Radikalisierung anfällig sind.
In der Kriminologie ist belegt, dass härtere Strafen Täter bei der Begehung von Straftaten nicht abschrecken. Nur die hohe Entdeckungswahrscheinlichkeit einer Tat schreckt ab. Entdeckungswahrscheinlichkeiten steigen mit dem Einsatz von mehr Personal bei Polizei und Zoll, einer besserer Ausstattung für die Erledigung dieser spezifischen Aufgabe und gezielter Aus- und Weiterbildung der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in diesem Bereich.
Eine Verschärfung der Gesetze kann nicht zur Reduzierung der organisierten Kriminalität führen und bringt auch nicht mehr Sicherheit. Eine Änderung eines Gesetzes sollte in rechtlichem Sinne erforderlich, angemessen und verhältnismäßig sein. Da es hier nicht der Fall ist, wird die Bundestagsfraktion Die Linke diese vorgeschlagene Änderung ablehnen.