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Gleiche Rechte für alle, die aus der Ukraine fliehen

Rede von Clara Bünger,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind sehr froh über alle gesetzlichen Erleichterungen, die für Geflüchtete aus der Ukraine auf den Weg gebracht werden. Es bleibt aber die Frage: Warum gelten sie nicht für alle Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg fliehen müssen?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es ist nämlich nicht ganz so, wie Frau Staatsministerin Alabali-Radovan gerade gesagt hat. Es werden nicht alle gleich behandelt. Die Bundesregierung schafft ein System von Geflüchteten erster und zweiter Klasse. Für viele Drittstaatler/-innen hat das zur Folge, dass sie momentan nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen. Sie wollen einfach nur studieren oder arbeiten. Warum wird ihnen das so schwer gemacht? Darin Abdelaziz kommt aus Marokko und hat Medizin in der Ukraine studiert. Sie hat mir berichtet, dass sie nicht versteht, warum sie jetzt nicht, wie andere Geflüchtete aus der Ukraine, einfach weiter studieren kann. Und ich verstehe das, ehrlich gesagt, auch nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Es macht keinen Sinn, hier eine Unterscheidung zu machen.

Dass sich jetzt einige Bundesländer selbst spezifische Lösungen überlegen, hätte vermieden werden können, wenn Sie die internationalen Studierenden einfach in den Schutz nach § 24 AufenthG einbezogen hätten, so wie es Frau Faeser ursprünglich versprochen hatte. Was es braucht, ist eine bundeseinheitliche Lösung.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein anderes Thema, bei dem die Bundesregierung hinter ihren Ankündigungen zurückbleibt, ist der Umgang mit russischen Deserteuren bzw. Kriegsdienstverweigerern. In der Regierungsbefragung vor zwei Monaten hatte Frau Faeser erklärt, sie sei hierzu auf EU-Ebene in Gesprächen, man wolle handeln. Ich habe davon aber nichts mehr gehört.

Es fehlen auch klare Signale zur Unterstützung von Oppositionellen aus Russland. Der „Spiegel“ berichtete von etwa 70 Personen, darunter Kultur- und Medienschaffende und ihre Familien, die sich mit einem in wenigen Wochen ablaufenden Touristenvisum in Deutschland aufhalten. Offenbar streiten das Auswärtige Amt und das BMI seit Wochen ergebnislos darüber, wie ihnen der weitere Aufenthalt ermöglicht werden soll. Das kann doch nicht sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Das BMI verweist dazu – auch heute Morgen wieder im Innenausschuss – auf die Möglichkeit eines Asylantrags. Das hätte für die Betroffenen zur Folge, dass sie in Aufnahmelager verteilt und einem Arbeitsverbot unterliegen würden – Zukunft: ungewiss. Das ist doch kein Schutzangebot. Das ist eine bürokratische Verhinderung einer klaren Lösung. Wir machen den Vorschlag, dass Sie auf der Innenministerkonferenz im Juni eine Aufenthaltsregelung nach § 23 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz schaffen, um dieser Gruppe Schutz in Deutschland zu bieten.

Weiterhin problematisch ist auch die Lage von Aktivistinnen und Aktivisten, die bislang nicht aus Russland ausreisen konnten oder sich in Drittstaaten aufhalten und dringend einen sicheren Fluchtweg in die EU benötigen. Auch hierzu wird seit Wochen um mögliche Aufnahmeregelungen gerungen; aber nichts passiert. Ich fordere Sie auf: Lassen Sie den Ankündigungen endlich Taten folgen! Handeln Sie hier endlich!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Tobias Bacherle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])