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Rede von Birgit Menz zu Protokoll gegeben am 01.06.2017

Rede von Birgit Menz,

Auch ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung für die engagierte, konstruktive und freundliche Zusammenarbeit danken.

Der PBnE hat in seinem Kerngeschäft zuverlässige Arbeit geleistet. Wir haben akribisch das Vorhandensein von Aussagen über Nachhaltigkeitswirkungen in Gesetzesvorhaben kontrolliert und so dazu beigetragen, dass solche Aussagen kaum noch vergessen werden. Eine inhaltliche Verbesserung dieser Aussagen haben wir nicht erreicht.

Wir haben die Übersetzung der Agenda 2030 in eine nationale Strategie mit viel Engagement begleitet. Wir haben uns beständig über die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie informieren lassen. Wir haben Gespräche dazu geführt, und wir haben die deutsche Nachhaltigkeitspolitik regelmäßig im Parlament zur Debatte gestellt.

Doch nach wie vor bestehen Defizite nicht nur bei der Umsetzung wichtiger Maßnahmen, sondern schon bei ihrer Entstehung. Die vielzitierten Interessenkonflikte werden nach wie vor zu selten thematisiert. Und noch seltener werden sie anders aufgelöst als zugunsten der ökonomischen Dimension.

Das muss sich ändern. Ja, Nachhaltigkeit denkt soziale, ökologische und wirtschaftliche Fragen zusammen. Aber es ist ein Irrtum, zu glauben, ihr Verhältnis zuei­nander wäre beliebig. Unsere Umwelt gibt einen Rahmen vor, der nicht überschritten werden kann. Das Wirtschaften muss sich in diesen Rahmen einfügen und sich innerhalb der planetaren Grenzen am Menschen orientieren – nicht am Profit.

Deshalb müssen wir den Bruch mit dem Weiter-so, den sich die Bundesregierung mit der Nachhaltigkeitsstrategie zur Aufgabe macht, stärker einfordern.

Nach all den Auseinandersetzungen um geeignete Indikatoren und Ziele ist es an der Zeit, die entscheidende Frage zu beantworten, wie wir diese Ziele eigentlich erreichen wollen. Ich betrachte es als Aufgabe des Beirats, diese Frage in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Debatte zu stellen.

Wir müssen aus dem Parlament heraus Ideen entwickeln, wie eine deutsche Nachhaltigkeitspolitik aussehen soll. Und wir müssen erreichen, dass die politikfeldübergreifende Zusammenarbeit, die wir von den Ministerien fordern, auch im Parlament stattfindet. Wir müssen zeigen, wie konstruktiv über Zielkonflikte gestritten werden kann und wie sich daraus – auch fraktionsübergreifend – konkrete Alternativen entwickeln.

Ein Weg dahin könnte sein, dass wir uns auf einige wenige, aber zentrale Einstiegsprojekte in die Transformation verständigen: Kernprojekte, die die soziale, ökologische und wirtschaftliche Dimension der Nachhaltigkeit verbinden, die die deutsche Politik unter dem Gesichtspunkt globaler Verantwortung betrachten und die die soziale Gerechtigkeit heute mit der Gerechtigkeit gegenüber den kommenden Generationen verbinden.

Ein solches Einstiegsprojekt könnte der Kohleausstieg sein, für den man einen klaren Zeitplan und sozial gerechte Übergänge skizziert. Es könnte um die Zukunft der Arbeit gehen oder auch darum, wie die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger für eine nachhaltige Gesellschaft mit entsprechenden demokratischen Beteiligungsmöglichkeiten verbunden werden kann. Denn wenn wir von den Bürgerinnen und Bürgern fordern, Verantwortung für einen nachhaltigen Konsum zu übernehmen, dann müssen wir auch zulassen, dass ihre Verantwortung schon vorher beginnt, nämlich mit der Möglichkeit, darüber mitzuentscheiden, was wir wie produzieren.

Der PBnE hat es geschafft, sowohl seitens der Bundesregierung als auch in der Gesellschaft in seinem Kerngeschäft als wichtiger Akteur wahrgenommen zu werden. Das zeigen auch die vielen Forderungen nach einer Stärkung dieses Gremiums, die von Verbänden in ihren Kommentaren zur Nachhaltigkeitsstrategie erhoben wurden.

Diese Unterstützung, die wir aus der Gesellschaft heraus erhalten haben, sollten wir als Auftrag verstehen, unsere Arbeit, aber auch unser Selbstverständnis weiterzuentwickeln, nicht nur zu bellen, wie der Beirat es im Netz ankündigt, sondern, wo nötig, eben auch kräftig zuzubeißen.