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Ralph Lenkert: Nachwuchschancen!?

Rede von Ralph Lenkert,

Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Linke unterbreitet mit diesem Antrag Vorschläge, wie Nachwuchssorgen zu lösen sein könnten. Ich meine damit nicht die Geburtenzahlen. Zuerst einige wichtige Fragen: Wie bekommt unser Nachwuchs den gewünschten Studienplatz und einen Job, und das möglichst ohne Vitamin B und unabhängig vom Geldbeutel der Eltern? Wie finden Firmen geeigneten Nachwuchs für ausscheidende Akademikerinnen und Akademiker? Wieso stellen dieselben Firmen eigentlich keine Bachelorabsolventen ein?

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt doch gar nicht!)

Wozu sind die entnervenden Warteschleifen vor dem Studium gut? Warum gibt es zu viele taxifahrende Germanistikabsolventen und zu wenige Mathelehrerinnen an unseren Schulen? Wieso werden Ärztinnen und Ärzte in Deutschland gesucht, und wieso dürfen trotzdem wegen des Numerus clausus, der Studienplatzbegrenzung, viele Abiturienten nicht Medizin studieren?

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das verstehe, wer will!)

Die Linke möchte diese Zustände verändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen, dass Hochschulen genügend Geld erhalten, um ausreichend Studienplätze zu schaffen, und dass die Zahlungen des Bundes aus dem Hochschulpakt um 10 Prozent gesteigert werden.

(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Mehr Geld für alle!)

Wenn die Hochschulen dieses Geld richtig einsetzen würden, brächte das mehr Studienqualität und weniger Abbrüche. Größere Studienkapazitäten würden die Wartezeiten auf den Studienplatz und dann auf Pflichtseminare oder Praktika verkürzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein weiterer wichtiger Schritt wäre, dass die Bundesagentur für Arbeit zusammen mit Hochschulen und Studentenwerken in Abiturklassen berät und dass über alle Fragen zum Studium – angefangen bei Organisation, über Studienangebot und Inhalte bis zu Jobchancen nach dem Abschluss – informiert wird. Mancher Studienabbruch, manche schwere Enttäuschung könnte vermieden werden, wenn Jugendliche wüssten, was sie wollen und was sie erwartet. Wir wollen, dass jeder, der die Studienbefähigung hat, spätestens nach einem Wartejahr seine gewünschte Fachrichtung studieren kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke hält ewige Warteschleifen für Zeitverschwendung, sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft.

Die Wiedereinführung einer gemeinsamen Bund-Länder-Behörde, die stets bundesweit Angebote zu und Nachfragen nach Studienplätzen sowie Angaben zu Bewerbungen veröffentlichen soll, würde die Vermittlung der Studierenden verbessern und es allen Beteiligten leichter machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wichtig: Der Lebensunterhalt Studierender muss gesichert sein. Niemand bezweifelt doch ernsthaft, dass ein Student, der vier Stunden täglich an der Supermarktkasse sitzt, dass eine Studentin, die von 22 Uhr bis 2 Uhr kellnert, nicht wirklich optimal studieren kann. Wer ewig lange Fahrwege zur Uni hat oder in überfüllten WGs lebt, hat keine Ruhe zum Lernen. Es wäre logisch und lukrativ für das Gesamtsystem, BAföG in ausreichender Höhe zu zahlen und in gutes studentisches Wohnen zu investieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In meiner ehemaligen Firma, bei Zeiss, gab es kaum Stellenpläne für Bachelorabsolventen nach ihrer dreijährigen Ausbildung. Traditionell waren Arbeitsabläufe auf Diplom-Ingenieure, heute Master, abgestimmt. Umstellungen benötigen Zeit. Auch deshalb fordert die Linke, dass jeder Student und jede Studentin mit Bachelorabschluss nahtlos ein fortführendes Masterstudium und bei Wunsch an derselben Hochschule absolvieren kann.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für die Vereinbarkeit von Studium und Kinderwunsch, für die Pflege von Angehörigen oder auch aus persönlichen Gründen wollen wir Teilzeitstudiengänge ausweiten. Dafür sollen die Hochschulen zusätzliche Mittel vom Bund erhalten. Das Zusammendenken von Familie und Studium ist für die Linke Bestandteil guter Hochschul- und Forschungspolitik und gut für unsere Familien.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit wir die Familienfreundlichkeit in Deutschland stärken, damit unser Nachwuchs – das meint die Kinder armer und durchschnittlich verdienender Eltern ebenso wie die Kinder reicher Eltern – optimistische Perspektiven durch ein Hochschulstudium erhält, damit genügend qualifizierter Nachwuchs für unser Bildungssystem, für Firmen, Verwaltungen und Sozialeinrichtungen bereitsteht, dafür unterbreiten wir Linken heute diese Vorschläge. Jetzt sind Sie dran – von SPD, von Grünen und von der Union.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)