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Quitsche-Entchen und Mehrwegquote

Rede von Eva Bulling-Schröter,

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Die Linke begrüßt, dass die Novelle der Verpackungsverordnung mehr Gerechtigkeit schafften will. Künftig müssen sich nun alle Inverkehrbringer von Verpackungen an der Finanzierung der Sammlung und Verwertung ihrer Verpackungen beteiligen. Die Trittbrettfahrerei über das Schlupfloch der sogenannten Selbstentsorger ist dann hoffentlich Geschichte. Zu begrüßen ist auch die Streichung der Ausnahme von der Pfandpflicht für Verpackungen diätetischer Getränke. Sie wurde vielfach mit fantasievoller Namensgebung missbraucht.
Hier hört das Lob aber auch auf, denn die Novelle hat zwei gravierende Schwächen:
Zum einen dürfen stoffgleiche Nichtverpackungen auch mit dieser Novelle nicht in den gelben Sack. Aber Kunststoffgieskannen oder Quietscheentchen wären vielleicht besser zu recyceln als verklebte Yoghurtbecher.
Darum tritt die Linke dafür ein, die Produktverantwortung der Verpackungsverordnung auf stoffgleiche Nichtverpackungen auszudehnen. Umweltminister Gabriel hat eine solche Erweiterung ja angekündigt. Wir fragen uns, warum sie nicht Bestandteil der neuen Verordnung ist. Zum anderen hat die Novelle für das gegenwärtig größte Problem - zumindest aus umweltpolitischer Sicht - überhaupt keine Lösung: Trotz des Pflichtpfandes für
Einwegflaschen und -dosen sinkt die Mehrwegquote unaufhörlich. Nur noch 31 Prozent der alkoholfreien Getränke werden in wiederbefüllbaren Verpackungen verkauft. In den 90er-Jahren waren es über 70 Prozent. Wir denken, dass eine zusätzliche Einwegabgabe die Händler vom ökologischen Vorteil der Mehrwegverpackungen überzeugen könnte.
Noch ein Wort zu Wirtschaftsminister Michael Glos, der ja das Duale System mittelfristig abschaffen will und dafür alternativ eine gemeinsame Entsorgung aller Haushaltsabfälle einführen möchte. Die Anhörung des Umweltausschusses hat noch einmal klar gemacht, dass die haushaltsnahe Trennung der Abfallfraktionen gegenwärtig noch die beste und preiswerteste Art ist, um zu qualitativ hochwertigen Abfallfraktionen zu kommen.
Und nur Sekundärrohstoffe in solch hohen Qualitäten lassen sich auch in der Industrie sinnvoll einsetzen. Zwar gibt es inzwischen auch Technik, die
Gemischtabfall trennen kann. Diese ist aber noch nicht ausgereift und teuer. Großtechnisch für die gesamte Siedlungsabfallwirtschaft ist sie noch nicht einsetzbar. Sie rechnet sich wohl nur, wenn ein Großteil der wertvollen Sekundärrohstoffe in Verbrennungsöfen landet. Genau dies ist ja das Ziel von Minister Glos. Das lehnen wir natürlich ab. Aus Sicht des Ressourcen- und Klimaschutzes muss an erster Stelle ohnehin die Abfallvermeidung treten.
Aus diesem Blickwinkel birgt die Gemischttonne die Gefahr, dass sich die Gesellschaft vorgaukelt, Abfall sei kein Problem mehr.
Die FDP wiederum will mit dem in ihrem Antrag vorgeschlagenen Zertifikatesystem mehr Markt und Flexibilität. Grundsätzlich könnte ein Zertifikatesystem vielleicht tatsächlich zu besseren Verwertungsqualitäten und weniger Bürokratie beitragen. Schließlich würde der Staat die Zertifikate direkt für eine nachgewiesene Verwertung an die Recycling- und Verwertungsbetriebe ausgeben.
Das könnte die zunehmende Intransparenz beim Verwertungsnachweis über die Kaskade von Verpflichteten über Beauftragte hin zu Sub- und Sub-Sub-Unternehmen an dieser Stelle beenden. Dies wäre der Charme einer solchen Lösung. Allerdings will die FDP ja gar kein hochwertiges Recycling. Denn auch für die simple Verbrennung soll es ja die wunderschönen Verwertungszertifikate geben. Das ist dann auch der Grund für unsere Ablehnung des Antrags, denn wir stehen für den Gedanken einer Kreislaufwirtschaft.