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Präventionsgesetz muss endlich her!

Rede von Martina Bunge,

Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Alle Jahre wieder kommt nicht nur Weihnachten, sondern auch eine Debatte über das Präventionsgesetz.
Aber mal im Ernst: Der größte Weihnachtswunsch der Deutschen ist in diesem Jahr Gesundheit und Wohlbefinden. Das ergab eine Umfrage, pikanterweise der Nordwestdeutschen Klassenlotterie. Dieser Wunsch ist aber nicht mit Geld zu erfüllen. Die Bundesregierung hätte dies allerdings tun können, und zwar - endlich - mit der offiziellen Vorlage des Präventionsgesetzes. Stattdessen gibt es auch hierüber Streit zwischen den Koalitionsfraktionen.
So sahen sich die Oppositionsfraktionen zu eigenen Anträgen genötigt. Auch die Linke hat in dieser Woche ihre Vorstellungen auf den Tisch des Hauses gelegt.
Ich denke, dass das schon eine groteske Situation ist - wir haben es eben wieder gemerkt -: Über alle Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg, überall im Land, in allen Debatten sind wir uns über die Erfordernisse einig, aber es passiert nichts - seit Jahren. Warum? Ich denke, an dieser Stelle bündeln sich alle Umstände, die einem vernünftigen präventiven Gesundheitssystem in der Bundesrepublik im Wege stehen.

Erstens. Im Wege steht meines Erachtens - das ist auch ein Grund - ein Lobbyismus, der zu teure Arzneimittel vor Gesundheitsförderung und Prävention sowie vor alternative Methoden stellt.

Zweitens. Es wird gesagt - das haben wir gerade von der FDP gehört, dass wir eine weitverzweigte Sozialgesetzgebung haben, die Prävention einschließt; wir bräuchten also nichts zu tun.

Drittens ist ein Politikstil zu nennen - daher wieder der Streit -, der die Parteiräson vor die Fachlichkeit stellt. Das Ergebnis: Wir haben wieder Stillstand.

Ich vermute - das ist nicht erst seit heute so -, dass die Koalition nicht in der Lage ist, ein Präventionsgesetz zustande zu bringen, auch wenn es jetzt einen unabgestimmten Referentenentwurf gibt.
Fortschrittliche Gesundheitspolitikerinnen, -politiker und -akteure sowie viele andere wissen, was nötig ist: Gesundheitsförderung ein Leben lang. An dieser Stelle brauchen wir wirklich einen Quantensprung. Deshalb schlagen wir vor, zu Beginn 1 Milliarde Euro aus dem Haushalt für einen Fonds zur Verfügung zu stellen. Ein Fonds ist nicht a priori schlecht, Herr Friedrich; das sagen auch wir. Die Frage ist vielmehr, wie er ausgestaltet wird. Das ist der Knackpunkt.
Gesundheit ist - das wissen wir alle - die grundlegende Voraussetzung für die Teilhabe eines jeden, einer jeden. Die Förderung der Gesundheit hat damit de facto Verfassungsrang. Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, hier etwas zu tun. Aber die Politik versagt.
Eine Binsenweisheit ist inzwischen, dass die soziale Lage den entscheidendsten Einfluss auf die Gesundheit hat. Wer arm ist, ist häufiger krank, stirbt früher. Die Einflüsse des Arbeitsmarktes, der Einkommensverteilung, der Bildungspolitik sind zugestandenermaßen so groß, dass Prävention allenfalls Gegenakzente setzen kann. Aber dann beschließen wir doch bitte schön zumindest dieses Präventionsgesetz, auch wenn darüber hinaus eine veränderte, gesundheitsfördernde Gesamtpolitik gefragt wäre.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber auf die Realisierung einer solchen Politik haben wir bei diesen Konstellationen letztlich keine Hoffnung.
Wir hören Berichte von zu dicken, bewegungsfaulen und ungelenken Kindern. Wir wissen um die ernährungsbedingten Ursachen der Volkskrankheiten, die sich immer mehr ausbreiten. Die WHO sieht die seelische Gesundheit in Gefahr und prophezeit, dass psychische Erkrankungen in Zukunft den größten Anteil haben werden.
Das alles schreit doch nach flächendeckender und dauerhafter Gesundheitsförderung und Prävention. Sie muss endlich eine feste Säule im Gesundheitssystem werden. Ich denke, statt Aktionismus gilt hier, endlich etwas zu tun. Ein Appell an die Eigenverantwortung reicht nicht. Das geht nur über ein entsprechendes Gesetz.
Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen schöne Weihnachten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Peter Friedrich [SPD]: Für „schöne Weihnachten“ gibt es Applaus!)