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Petra Sitte: Hightech-Strategie 2025: Strategische Innovationspolitik sieht anders aus

Rede von Petra Sitte,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Sattelberger, ja, es stimmt: Die Koalition überrascht uns immer wieder; das ist so erstaunlich. Die großen Herausforderungen unserer Zeit – so einer der Lieblingssätze der Koalition – lassen sich nur mit Innovationen angehen. – Was für eine kolossale Feststellung, und das im Rahmen dieser Debatte. Sie versprechen damit vor allem – jetzt wird es ernst –, dass die bestehende Lebensweise fortgesetzt werden könne. So ist es genau nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wandel kann nicht nur technisch-technologisch gemeistert werden, er muss auch sozialer Natur sein.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Soziale Sicherungssysteme müssen gestärkt und Verwaltungen gestaltet werden. Technisch-technologische Innovationen verändern Arbeits- und Lebenswelt massiv.

Nehmen sie nur Digitalisierung und künstliche Intelligenz, die mehr und mehr, bisweilen sogar unbemerkt, unseren Alltag durchdringen. Daher bedürfen Innovationen heute mehr denn je einer Einbettung in die Gesellschaft, und vor allem bedürfen sie mehr demokratischer Mitsprache.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Mario Brandenburg [Südpfalz] [FDP])

Klar ist: Anwendungen müssen sich an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten; das fordern wir den Hightech-Strategien ab, seit es sie gibt. Inzwischen finden wir zwar ein paar warme Worte zu sozialer Innovation und Beteiligung in den Berichten, aber es muss deutlich mehr passieren. Es muss mehr her als Überschriften.

(Beifall bei der LINKEN)

Was mir in dem Zusammenhang wichtig ist: Es geht nicht nur darum, um Akzeptanz für technologische Entwicklungen zu werben. Nein, es geht auch darum, Menschen an strategischen Entscheidungen der Innovationspolitik stärker zu beteiligen. Dafür wären beispielsweise die bereits erwähnten Empfehlungen des Hightech-Forums allemal gut gewesen.

Der Bericht zur Hightech-Strategie bleibt uns insgesamt eine Umsetzungsperspektive schuldig. So viele Institutionen und Programme auch aufgezählt und geschaffen wurden, der strategische Ansatz versandet dabei, weil vieles gar nicht konsequent verfolgt wird, sondern in befristeten Projekten angelegt ist.

Ärgerlich ist auch, dass Ergebnisse von Gremien von Ihnen ignoriert werden, und zwar von Gremien, die Sie selbst eingesetzt haben. So hat die Datenethikkommission eine dicke Schwarte vorgelegt und uns konkrete Handlungsempfehlungen gegeben. Dazu findet man hier nichts. Umsetzung? Fehlanzeige!

Die Cyberagentur – Herr Sattelberger hat sie gerade erwähnt –, gegründet mit höchst fragwürdigem Konzept in meinem Wahlkreis, in Halle – einige bei uns haben schon feuchte Augen bekommen –, hat ihren Geschäftsführer und andere Mitarbeiter schon verloren. Sie haben entnervt aufgegeben, weil ihnen die ministeriale Mikrosteuerung, wie es ausgedrückt wurde, auf den Keks geht. Die Bestimmung von Forschungsbedarfen sollte vorgenommen werden. Dafür braucht man Freiräume! So kann man die eigenen Ideen natürlich trefflich austrocknen.

Schließlich verlieren Sie selbst den Überblick. Sie beziehen sich in Ihrem Bericht auf die Open-Access-Strategie. Und ich denke: Wie? Open-Access-Strategie? Noch nie hier gesehen, die gibt es gar nicht. – Das ist doch extrem peinlich.

Meine Damen und Herren, wir haben gestern hier über Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft diskutiert, und Sie singen in dem Bericht jetzt das Hohelied auf wertvolle Fachkräfte.

Es ist notwendig, hier nicht nur ständig zu reden und von schönsten Ferienerlebnissen zu sprechen. Machen ist die Devise!

Danke.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Mario Brandenburg [Südpfalz] [FDP])