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Persönliche Erklärung zur Beschneidung von Jungen

Rede von Christine Buchholz,

Persönliche Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes.

Ich habe heute für den Gesetzentwurf der Regierung gestimmt, weil er die Beschneidung minderjähriger Jungen, wie bisher üblich, durch ausgebildete Beschneider und Ärzte erlaubt.
Das Gesetz ist nötig geworden, weil das Kölner Urteil die für Juden und Muslime identitätsstiftende Praxis nicht nur in Frage, sondern auch potentiell unter Strafe stellt.
Der alternative Gesetzentwurf aus den Reihen der Opposition, der Beschneidung erst ab 14 Jahren erlauben will, gibt keine Antwort auf die Frage, wie eine Strafe durchgesetzt werden soll. Er ignoriert die Folgen für das Zusammenleben in einer multikulturellen, multireligiösen Gesellschaft. Ich befürchte, sollte er eine Mehrheit bekommen, würde er ein Klima der Denunziation und der Verunsicherung schaffen. Das Kindeswohl von jüdischen und muslimischen Jungen wird durch ein Verbot nicht verbessert. Im Gegenteil: Sie würden in einem Klima der Diskriminierung und Strafverfolgung aufwachsen.
Ein Verbot würde die Situation von Juden und Muslimen in Deutschland verschlechtern, die bereits vor dem Kölner Urteil in ihrem Alltag mit Antisemitismus und wachsendem antimuslimischen Rassismus konfrontiert waren.
Ich möchte eine offene, vielfältige und solidarische Gesellschaft. Der Kampf gegen Rassismus und das Eintreten für Minderheitenrechte und Religionsfreiheit ist für mich Kern eines linken Selbstverständnisses.
Nicht zuletzt läuft ein Verbot innerjüdischen und innermuslimischen Reformprozessen zuwider. Ich teile die Einschätzung des Generalsekretärs des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer: „Ja wir müssen über vieles reden. (..) Aber wir kommen ja gar nicht dazu, darüber in Ruhe miteinander zu diskutieren, auch in der jüdischen Gemeinde, weil ständig Leute mit dem Finger auf uns zeigen und uns schulmeisterlich als Kinderschänder beschimpfen, oder die Beschneidung mit Folter und Verstümmelung gleichsetzen und von blutigen Ritualen schwadronieren, was mit der geübten Beschneidungspraxis nichts zu tun hat.“
Aus all diesen Gründen habe ich heute für den Gesetzentwurf der Bundesregierung gestimmt, der die Religionsfreiheit von religiösen Minderheiten in Deutschland bekräftigt.