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Noch nicht auf dem richtigen Gleis

Rede von Sabine Leidig,

Rede in der Haushaltsdebatte zum Einzelplan 12: Verkehr

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen!

Ich will ganz kurz noch einmal zur LuFV Stellung nehmen: Rund 4 Milliarden Euro zahlt der Bund ab 2015 an die Deutsche Bahn AG für den Erhalt der Infrastruktur. Das ist deutlich mehr als bisher und im Grunde auch sehr richtig.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Bahn bietet ein wichtiges Gut an. Brücken, Tunnel, Gleise und Bahnhöfe müssen flächendeckend in Schuss gehalten werden. Aber genau das geschieht nicht.

In den vergangenen vier Jahren sind aufgrund der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung rund 10 Milliarden Euro für die Pflege der Infrastruktur an den Bahnkonzern geflossen. Trotzdem steigt die Zahl der maroden Bahnbrücken, es gibt mehr Langsamfahrstellen, und die Zahl der Verspätungsminuten hat, wie wir jetzt gerade durch die Große Anfrage herausgefunden haben, mit über 3,5 Millionen ein Rekordniveau erreicht.

(Kirsten Lühmann (SPD): Im Fernverkehr! Im Nahverkehr ist sie gesunken!)

Der Zustand der meisten kleinen Bahnhöfe im Land ist erbärmlich; das ist das, was die Reisenden als Erstes wahrnehmen. Konzern und Management der Deutschen Bahn AG sind auf privatwirtschaftliche Bilanzziele gepolt; das ist uns in der Anhörung noch einmal deutlich vor Augen geführt worden. Wie wir sehen, ist das im Grunde volkswirtschaftlicher Unsinn, übrigens genauso wie das Megaprojekt Stuttgart 21, bei dem Milliarden versenkt werden.

Der Zustand der Infrastruktur verschlechtert sich seit Jahren. Der Anlagebestand ist in der Laufzeit der jetzigen LuFV um 1 300 Kilometer Gleise, 5 000 Weichen und 38 Bahnhöfe reduziert worden. Aber die Infrastruktursparten der Bahn haben zwischen 2009 und 2013  2 Milliarden Euro Gewinne an den Konzern ausgeschüttet und fast 1 Milliarde Euro weniger investiert, als sie an Wertverlust abgeschrieben haben.

Präsident Dr. Norbert Lammert:

Frau Kollegin Leidig, darf Ihnen der Kollege Burkert eine Zwischenfrage stellen?

Sabine Leidig (DIE LINKE):

Aber ja.

Martin Burkert (SPD):

Frau Kollegin Leidig, nachdem Sie erst die LuFV dafür gelobt haben, dass uns 28 Milliarden Euro mehr zur Verfügung stehen, und dann aufgeführt haben, was damit alles gemacht werden muss - in einigen Punkten zu Recht; wobei man anführen muss, dass die Zahl der Verspätungsminuten im Schienenpersonennahverkehr gesunken ist; das gehört zur Ehrlichkeit dazu -, frage ich Sie an dieser Stelle, ob die Fraktion Die Linke in der Sitzung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur am nächsten Mittwoch der Beschlussfassung über die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zustimmen wird oder nicht.

Sabine Leidig (DIE LINKE):

Wir fordern - dazu haben wir auch einen Entschließungsantrag vorgelegt -, dass nachverhandelt wird. Denn in der Anhörung im Verkehrsausschuss haben alle Experten, inklusive des von der CDU benannten Experten von der Bahnindustrie, gesagt: Die jetzige Verhandlungsgrundlage ist so, wie sie der Bundesminister paraphiert hat, nicht gut und reicht nicht aus.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde, das müssen Sie sich zu Herzen nehmen. Wozu machen wir sonst eine Anhörung und laden hochkarätige Leute, Expertinnen und Experten für unser Bahnsystem, ein, wenn wir dann deren Anregungen nicht berücksichtigen?

(Beifall bei der LINKEN - Martin Burkert (SPD): Dann wissen wir ja Bescheid! - Kirsten Lühmann (SPD): Selbst der Bundesrechnungshof hat zugestimmt!)

Insofern müssen wir sehen, was dabei herauskommt.

De facto gab es während der Laufzeit der letzten LuFV - damit fahre ich in meiner Rede fort - in Bezug auf das Schienennetz massive Desinvestitionen. Das ist das Gegenteil dessen, was hier angeblich alle wollen. Diese Verhältnisse müssen sich ändern. Dafür hat der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn AG Verantwortung. Wenn die Bürgerinnen und Bürger so viel Steuergeld für die Bahn aufbringen, dann haben Bundesregierung und Bundestag dafür zu sorgen, dass die Gegenleistung stimmt. Mit der neuen Vereinbarung, der sogenannten LuFV II, wird das nicht gelingen. Ich sprach gerade davon, dass dies in der Expertenanhörung dargelegt worden ist. Der Bundesrechnungshof hat eine explizit sehr kritische Stellungnahme dazu vorgelegt. Er empfiehlt, die LuFV II so nicht abzuschließen.

Sie haben gerade darauf hingewiesen, dass der Rechnungsprüfungsausschuss und der Haushaltsausschuss sich damit noch befassen werden. Dennoch haben wir gehört, dass der Bundesverkehrsminister die Vorlage paraphiert hat; das mussten wir in der Zeitung lesen. Ich weiß nicht, was das heißt. Sie sagen, das Ganze ist nicht abgeschlossen. Andere sagen, das Ganze ist abgeschlossen. Ich finde, das ist gegenüber der Bevölkerung nicht verantwortlich. Außerdem ist das eine Ohrfeige fürs Parlament.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

In unserem Entschließungsantrag verlangen wir, nachzuverhandeln. Ich hoffe, dass Sie hier alle zustimmen. Sie sollten dem Antrag nach dem jetzigen Stand der Debatte alle zustimmen können. Darüber hinaus sind wir Linken allerdings der Meinung, dass die Bahn endlich von diesem unseligen Privatisierungskurs wegmuss; denn statt Bilanzgewinne brauchen wir eine klare Ausrichtung des Unternehmens am Gemeinwohl: für den langfristigen Erhalt und auch für den Ausbau der Schieneninfrastruktur.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)