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Niema Movassat: Verbraucher:innen gegen Marktmacht großer Konzerne schützen

Rede von Niema Movassat,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben Vertragsfreiheit; doch echte Vertragsfreiheit kann es nur unter Gleichen geben. Im Rechtsverkehr stehen sich mit Verbrauchern auf der einen Seite und Unternehmern auf der anderen Seite keine gleichen Vertragspartner gegenüber. Dem versucht das Verbraucherschutzrecht entgegenzuwirken; das klappt aber oft nicht, was auch mit dem Markt zu tun hat. So haben wir im Mobilfunkbereich gerade mal drei große Anbieter, zwischen denen man wählen kann: Telekom, Vodafone und Telefónica. Diese drei bestimmen die Vertragsbedingungen; der Privatkunde hat nichts zu verhandeln. Aber es sind nicht nur Mobilfunkanbieter, die Vertragsbedingungen diktieren können. Große Konzerne etwa in der Versicherungsbranche oder im Strom- und Gasversorgungsbereich haben ebenfalls erhebliche Marktmacht.

Die Bundesregierung hat heute einen Gesetzentwurf eingebracht, der versucht, ein klein wenig an der beschriebenen Sachlage etwas positiv zu verändern. Aber was Sie vorgelegt haben, ist leider mutlos und wird in vielen Fällen den Verbrauchern nicht helfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ursprünglich wollten Sie, Frau Lambrecht, dass Verträge auf ein Jahr gedeckelt werden; keine Zweijahresverträge wie etwa bisher im Telefonbereich. So stand es im Referentenentwurf vom Januar 2020, also vor 13 Monaten – 13 Monate, in denen einiges passiert ist. Es gab etwa 50 Stellungnahmen, die allermeisten von Konzernen. Sie haben alle gebrüllt, dass ein Jahr zu kurz ist, dass sie Verbraucher weiter mit Zweijahresverträgen knebeln wollen. Und was haben Sie gemacht, Frau Lambrecht? Sie haben den Konzernen gegenüber nachgegeben. Die geplante Verkürzung der Vertragslaufzeiten von 24 auf zwölf Monate kommt jetzt nur noch in optionaler Form. Die Telefonanbieter müssen zwar auch Zwölfmonatsvarianten anbieten, die dürfen dann aber 25 Prozent teurer als die Zweijahresvarianten sein. Das ist keine Politik für Verbraucher, sondern für Telekom, Vodafone und Telefónica.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dass es anders geht, kann man in Belgien und Dänemark sehen. Dort gelten maximale Laufzeiten von sechs Monaten. So geht gute Politik für Verbraucher!

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Telefonanbieter behaupten, dass sie bei kürzeren Laufzeiten keine vergünstigten Preise für Smartphones und Tablets mehr ermöglichen können. Auch hier zeigen Belgien und Dänemark, dass das Problem lösbar ist; denn das Abbezahlen des Smartphones kann unabhängig von der Laufzeit des Telefonvertrages weiterlaufen. Zudem beleben verkürzte Laufzeiten den Wettbewerb. Die Unternehmen müssen sich mehr um Kunden bemühen; sie müssen besseren Service anbieten.

Wir fordern außerdem als Linke die Verkürzung von automatischen Vertragsverlängerungen auf maximal einen Monat, und wir fordern, dass man Verträge mit einem Klick kündigen kann, also so kündigen kann, wie man sie abgeschlossen hat.

Meine Damen und Herren, Verbraucherschutzrecht muss Verbraucher schützen, nicht die Interessen der Konzerne in den Blick nehmen. Dieser Entwurf gehört deshalb überarbeitet.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)