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Niema Movassat: Koalition verschludert Insolvenz- und Sanierungsrecht

Rede von Niema Movassat,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt drei Minuten Zeit, um über einen 219 Seiten umfassenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zu reden. Das ist natürlich ein bisschen absurd. Es geht um sehr viele, sehr weitreichende Veränderungen des Sanierungs- und Insolvenzrechts.

Ja, es ist enorm wichtig, dass Regelungen für Unternehmen geschaffen werden, vor allem auch für Unternehmen, die von der Coronapandemie betroffen sind. Hierbei sind natürlich Restrukturierungsmaßnahmen, also die Sanierung von Unternehmen, die vor der Pleite stehen, immer besser als die Insolvenz, weil das Arbeitsplätze rettet und damit die Existenz von Menschen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb unterstützen wir als Linke das Regelungsmotiv der Bundesregierung, einen Rechtsrahmen für die Sanierung von Unternehmen zu schaffen. Sie schaffen aber allein im Sanierungsgesetz 108 neue Regelungen, darunter vier völlig neue gerichtliche Verfahren. Seit dem Referentenentwurf vom Oktober dieses Jahres bis zum vorliegenden Regierungsentwurf im November haben Sie zudem weitere neue umfassende Regelungen wie die Geschäftsleiterhaftung eingebaut.

Ein so umfassendes Gesetz bräuchte einen längeren Vorlauf und mehr Diskussionen. So, wie es jetzt läuft, wird das Parlament aber zum Durchlauferhitzer, indem es schnell weitreichende Gesetze beraten und durchwinken soll. Das ist heute nicht das erste Mal. Gut ist das nicht für die Demokratie.

(Beifall bei der LINKEN)

Darunter leidet vor allem auch die Sorgfalt. Die Gesetze der Koalition sind oft handwerklich schlampig gemacht, und auch Ihr heutiger Gesetzentwurf ist handwerklich schlecht. Das sagen auch die Verbände; der Bundesarbeitskreis Insolvenzgerichte hat Ihren Entwurf verrissen. Die Insolvenzrichter sind diejenigen, die Ihr Gesetz später anwenden müssen. Sie bemängeln die Unübersichtlichkeit und die mangelnde Praxistauglichkeit Ihres Gesetzes.

So sind die Gerichte in Ihrem Gesetzentwurf bei nahezu jedem Ausnahmetatbestand durch unbestimmte Regelungen sich selbst überlassen. Das wird – und das ist jetzt schon klar – zu einem Flickenteppich von Gerichtsentscheidungen führen. Ihr Gesetzentwurf legt es darauf an, dass es viele Verfahren gibt und damit das Gesetz letztlich mühselig durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes konkretisiert werden muss.

Ein neues Gesetz sollte doch Rechtssicherheit schaffen. Ihr Gesetz schafft eklatante Rechtsunsicherheit. Hätten Sie mal auf die Experten gehört!

(Beifall bei der LINKEN)

Die Insolvenzrichter sagen auch, dass Ihr Entwurf in vielen Punkten zu kompliziert und überfrachtet ist. Er scheue zudem eindeutige gesetzliche Regelungsentscheidungen und eröffne zu viele Hintertüren. Dieser Kritik schließt sich Die Linke an.

(Beifall bei der LINKEN)

Ihr Gesetz ist nämlich eine systematische Verweigerung, die Dinge wirklich zu regeln, was aber der originäre Job der Gesetzgebung ist. Wenn dieser Entwurf im Verfahren nicht grundlegend überarbeitet wird, werden wir ihn daher ablehnen müssen. Deshalb: Legen Sie einen Gesetzentwurf vor, der tatsächlich etwas regelt, statt alles den Gerichten zu überlassen!

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)