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Niema Movassat: DIE LINKE will das Jurastudium endlich reformieren

Rede von Niema Movassat,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über die juristische Ausbildung sagte eine der bedeutendsten Theoretikerinnen des deutschen Privatrechts, Marietta Auer, kürzlich, dass sie mit einer persönlichkeitszersetzenden Angst behaftet sei. Seit Jahren sagen fast alle, die sich auskennen: Die juristische Ausbildung muss dringend reformiert werden.

Jetzt legt die Koalition einen Gesetzentwurf vor, der vor allem Änderungen im Notarberuf beinhaltet und daneben noch hier und da das Rechtsreferendariat anpasst. Die Änderungen für den Notarberuf, wie die Möglichkeit, das Amt für längere Zeit vorübergehend niederzulegen, stellen eine wichtige Verbesserung dar, weil sie die Familienfreundlichkeit des Berufes fördern. Aber bei der Juristinnen- und Juristenausbildung werden nur Minireformen vorgenommen, statt den dringend benötigten großen Wurf vorzunehmen.

Ja, es wird endlich die Möglichkeit eingeführt, das zweite Staatsexamen elektronisch durchzuführen. Das ist eine dringend nötige Anpassung an die Art und Weise, wie in der Praxis gearbeitet wird. Aber wirklich innovativ wäre es, das Examen uneingeschränkt an die Realität juristischer Berufe anzupassen. In keiner berufspraktischen Situation sitzt da jemand und überlegt aus dem Bauch oder Kopf heraus, was das richtige Ergebnis ist. Er wird stets auf juristische Datenbanken zurückgreifen. Genau das sollten wir im ersten und zweiten Examen erlauben und die Klausuren entsprechend gestalten, damit nicht das Auswendiglernen belohnt wird, sondern das eigenständige Denken.

(Beifall bei der LINKEN)

Für Die Linke sind zwei weitere Reformen der Juristinnen- und Juristenausbildung dringend nötig:

Erstens. Studierende haben es nach einem kräftezehrenden Studium verdient, eine einwandfreie und faire Korrektur ihrer Examina zu bekommen – Examina, die in keinem anderen Studium von so entscheidender Bedeutung sind. Deshalb muss die Zweitkorrektur unabhängig von der Erstkorrektur stattfinden und müssen Korrektoren allgemein besser vergütet werden. Zurzeit kennen die Zweitkorrektoren die Erstkorrektur und werden dadurch oft in ihrer eigenen Notenvergabe vorbestimmt. Bei mir war es übrigens auch so: Der Zweitkorrektor war auf den Punkt genau mit dem Erstkorrektor bei allen sechs Examensklausuren einer Meinung – was für ein Zufall!

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Zweitens. Wir müssen das Alles-oder-nichts-Prinzip des ersten Staatsexamens beenden. Es ist nicht vertretbar, fünf Studien- und Lebensjahre von jungen Menschen auf einen Scheiterhaufen zu überführen, wenn diese durch das erste Examen fallen, es nicht bestehen. Als Linke fordern wir, dass Studierenden nach Bestehen der Zwischenprüfung und des Schwerpunktbereiches ein Bachelor zugesprochen wird. Diese zwei Leistungen sind gleichwertig mit einem Bachelorabschluss und sollten auch so anerkannt werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Linke hat einen umfangreichen Antrag mit Vorschlägen vorgelegt, den Sie leider abgelehnt haben. Weil der vorliegende Entwurf immerhin kleinere Verbesserungen enthält, werden wir zustimmen.

Ihnen, Herr Lange, wünsche ich persönlich alles Gute und bedanke mich für die gute Zusammenarbeit im Rechtsausschuss.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)