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Niema Movassat: Abrechnung mit der AfD

Rede von Niema Movassat,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist meine letzte Rede im Bundestag. Ich habe mich entschieden, nach zwölf Jahren nicht erneut zu kandidieren, weil es Zeit für etwas Neues ist. Und wenn ich mir jetzt etwas wünschen dürfte, dann wäre es, dass die AfD heute für immer ihren letzten Tagesordnungspunkt in diesem Hohen Hause erlebt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die AfD hat heute – wie immer – totalen Murks vorgelegt. So will sie die Antifa verbieten. Aber ich muss die AfD enttäuschen: Es gibt nicht „die Antifa“. Das ist kein Verein; daher kann man da auch nichts verbieten.

(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Es ist schon bemerkenswert, dass Sie sonst immer das Ende der Meinungsfreiheit heraufbeschwören, aber selbst Meinungen verbieten wollen. Antifaschisten, Künstlern und Nichtregierungsorganisationen, die Ihnen nicht in den Kram passen, wollen Sie die Gemeinnützigkeit entziehen, ihnen öffentliche Gelder wegnehmen oder sie gar verbieten. Sie, die AfD, sind die wahren Feinde der Meinungsfreiheit!

(Beifall bei der LINKEN – Lachen des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD])

Die AfD ist ja nicht mal in der Lage, selbst Argumente zu entwickeln. Sie zitieren ellenlang aus dem Verfassungsschutzbericht – gerade Sie! Andere haben für das Abschreiben schon Doktortitel verloren. Großflächiges Abschreiben zeigt, dass man argumentativ selbst sehr nackt ist.

(Beifall bei der LINKEN)

In ihrem Antrag spricht die AfD davon, dass Antifaschismus und Antikapitalismus Szenebegriffe seien. Wenn Antifaschismus ein Szenebegriff sein soll, dann kann ich nur hoffen, dass die Szene gegen Faschismus groß genug ist, damit die AfD niemals eine relevante Rolle in diesem Land spielt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Tut sie doch schon, Herr Movassat! Was soll der Quatsch?)

Deshalb bin ich froh, dass wir Gruppierungen wie die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, VVN, haben, die auch weiter gemeinnützig sind. Solche Organisationen, aber auch „Aufstehen gegen Rassismus“ und viele andere setzen sich gegen Rassismus und Faschismus ein. Und das ist gut so!

(Beifall bei der LINKEN)

In Ihrem Antrag schreiben Sie, für Linksextremisten sei der Kapitalismus eine zu überwindende Gesellschaftsordnung. Hätten Sie nur ein wenig Ahnung, wüssten Sie, dass die Mütter und Väter des Grundgesetzes den Kapitalismus nicht in die Verfassung geschrieben haben. In ihrem Ahlener Programm trat sogar die CDU noch für einen christlichen Sozialismus ein. Alle waren sich 1949 einig: Wir geben keine Wirtschaftsordnung vor. Damit ist auch ein demokratischer Sozialismus mit einem starken Rechtsstaat vereinbar mit dem Grundgesetz.

(Stephan Brandner [AfD]: Demokratische Sozialisten wird es niemals geben!)

Und dafür steht Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sind für eine Wirtschaftsordnung, die dem Menschen dient. Gegenwärtig haben wir eine Wirtschaftsordnung, in welcher die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Und Sie von der AfD finden das ja auch super.

(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Deshalb wollen Sie kapitalismuskritische Vereine verbieten. Sie heucheln immer, dass Sie sich für die Probleme der Bevölkerung interessieren würden. Aber Ihre Politik ist zutiefst unsozial. Schauen wir uns das mal an.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Erstens. Teile Ihrer Partei lehnen den Mindestlohn ab. Kämen Sie damit durch, würden noch viel mehr Menschen zu wenig Lohn zum Leben haben.

Zweitens lehnen Sie die Mietpreisbremse ab und wollen den sozialen Wohnungsbau stoppen. Das bedeutet: noch höhere Mieten in diesem Land.

(Stephan Brandner [AfD]: Reden Sie doch einfach mal zum Thema, Herr Movassat! Was hat denn die Mietpreisbremse damit zu tun? Sie haben wohl die falsche Rede erwischt!)

Drittens. Sie sagen nichts zu einer Mindestrente; Sie wollen das Rentenniveau nicht erhöhen. Mit Ihrem Rentenkonzept werden viele Rentnerinnen und Rentnerinnen ärmer.

(Stephan Brandner [AfD]: Was hat denn die Mindestrente mit dem Thema zu tun?)

Viertens. Sie finden Hartz IV und Sanktionen gegen die Menschen gut. Arme Menschen sind Ihnen egal.

(Stephan Brandner [AfD]: Zum Thema, Herr Movassat!)

Der unsozialen Politik der AfD setzte Ihre Abgeordnetenhausfraktion hier in Berlin die Krone auf. Hier wollten Sie auch noch das kostenlose Schülerticket und das kostenlose Mittagessen in der Schule abschaffen. Schämen Sie sich nicht für solch unsoziale Vorstöße?

(Beifall bei der LINKEN – Stephan Brandner [AfD]: Das hat doch mit dem Thema überhaupt nichts zu tun! Das Thema ist Ihnen wohl peinlich!)

Ihre Politik dürfte vielen Großkonzernen und Superreichen ganz recht sein. Denn der beste Beweis dafür sind die zahlreichen, teils illegalen Großspenden an Ihre Partei. Dass Sie beim Handaufhalten ungeniert Recht und Gesetz verletzen, das wundert mich nicht.

(Stephan Brandner [AfD]: Sagen Sie mal was zum SED-Vermögen, Herr Movassat!)

Denn gegen 10 Prozent aller AfD-Abgeordneten bundesweit läuft ein Strafverfahren, seit Neuestem auch gegen Ihren Parteichef Herrn Meuthen. Wäre die Kriminalitätsrate in der Gesamtbevölkerung so hoch wie in der AfD, dann könnten wir alle wirklich nicht mehr vor die Haustür gehen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Sie kennen keinen Anstand. Und deshalb ist es ein Hohn, wenn ausgerechnet die AfD in ihrem Antrag etwas vom Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung schreibt.

(Stephan Brandner [AfD]: Davon können Sie sich selbst eine Scheibe abschneiden!)

Ja, unsere Demokratie braucht Schutz – vor allem vor der AfD.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Die geistigen Vorväter der AfD haben die Demokratie abgeschafft und Millionen Menschen ermordet. Das darf nie wieder geschehen. Und dafür brauchen wir die wehrhafte Demokratie. Dass Sie die ganze Zeit so laut schreien, zeigt ja nur, dass Sie voll getroffen sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Die AfD ist eng mit der rechtsextremen Szene verflochten. Herr Gauland hat die NS-Zeit einen Vogelschiss der Geschichte genannt. Es war Herr Höcke, der das Holocaustdenkmal als Schande bezeichnet hat. Es war der Pressesprecher der AfD, Christian Lüth, der Ihre wahren Absichten auf den Tisch legte. Er sagte, dass er Geflüchtete vergasen will und dass er sich wünscht, dass noch mehr Geflüchtete kommen, damit die AfD stärker wird.

(Stephan Brandner [AfD]: Herr Bartsch wollte die Reichen in den Gulag stecken! – Nein, Riexinger war das!)

Meine Damen und Herren, die AfD hat hier vier Jahren lang Hass und Hetze verbreitet. Aus Ihren Worten wurden Schüsse – in Kassel, in Halle, in Hanau. Sie tragen aufgrund Ihrer Hetze eine Mitverantwortung für diese rechtsextremen Anschläge.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sie sind der Hetzer! Furchtbar!)

Umso wichtiger ist es, dass wir klare Kante gegen Rassismus, gegen Hass und Hetze zeigen!

(Beifall bei der LINKEN – Stephan Brandner [AfD]: Hören Sie mit Ihrem Verbrechergeschwätz auf!)

Ich möchte abschließend den Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen danken. Danke, dass Sie klare Kante gegen die da rechts außen gezeigt haben.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Gut, dass das Ihre letzte Rede ist, Herr Movassat! So ein Schwachsinn!)

Ich bin stolz darauf, dass dieser 19. Bundestag eine Normalisierung der AfD verhindert hat, indem kein Kandidat der AfD zum Vizepräsidenten gewählt und ein Rechtsaußen-Ausschussvorsitzender abgewählt wurde.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Stephan Brandner [AfD]: Herr Movassat, Sie sind einfach peinlich! Ein peinlicher Sozialist!)

Mein Dank geht auch an die demokratischen Kolleginnen und Kollegen im Rechtsausschuss für eine inhaltlich oft kontroverse, aber stets kollegiale Zusammenarbeit. Mein Dank gilt auch allen Mitarbeitern, ohne die all das, was wir hier tun, nicht funktionieren würde.

Meine Damen und Herren, die Demokratie ist dann stark, wenn sie viele überzeugte Demokraten hat, die mit den Feinden der Demokratie nicht kooperieren.

(Stephan Brandner [AfD]: Wenn Die Linke nicht mehr im Parlament ist, dann!)

Möge auch der 20. Deutsche Bundestag dies beachten. Es war mir eine Ehre, Mitglied dieses Bundestags zu sein.

Tschüs und auf Wiedersehen!

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Und tschüs!)