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Nicht nur ankündigen, sondern auch handeln!

Rede von Halina Wawzyniak,

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen!

Ich will die Debatte nutzen, um über ein aktuelles, ein angekündigtes und ein unterlassenes Vorhaben aus dem Bereich des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zu reden.

Die Mietpreisbremse ist in aller Munde. Wir Linken sagen: „Sie ist ein Bremschen“, weil sie auf fünf Jahre befristet ist und die Länder zuvor Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt festlegen müssen. Die Grenze, nach der der Mietpreis bei Wiedervermietung 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf, finden wir falsch. Wir müssen an dieser Stelle aber einsehen, dass die SPD das bereits im Wahlprogramm gefordert hat und dafür auch die eine oder andere Stimme bekommen hat. Was wir nicht verstehen, ist, warum die Kriterien für den Mietspiegel nicht angepasst werden. Es bleibt dabei, dass lediglich die Mieten der letzten vier Jahre berücksichtigt werden. Die Ausnahmen von der Mietpreisbremse, zum Beispiel die Erstvermietung, sind auch nicht nachvollziehbar.

Was aus meiner Sicht völlig inakzeptabel ist, ist die Streichung des § 5 Wirtschaftsstrafgesetzbuch. Dieser Paragraf sieht sinngemäß vor, dass ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig für die Vermietung von Wohnräumen unangemessen hohes Entgelt verlangt. Dieser Verstoß kann nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetzbuch mit 50 000 Euro Geldbuße bestraft werden. Das betrifft natürlich auch Unternehmen, also Aktiengesellschaften und GmbHs. Sie wollen mit der Mietpreisbremse den § 5 Wirtschaftsstrafgesetzbuch streichen und verweisen auf das normale Strafgesetzbuch. Das bedeutet aber, dass die Bremse am Ende sogar leerläuft; denn Unternehmen sind als juristische Form kein Strafrechtssubjekt. Sie können nicht angeklagt und sie können nicht verurteilt werden. Insofern müssten Sie, wenn Sie ehrlich sind, sagen: Wir führen zwar eine Mietpreisbremse ein, aber Sie können dagegen nur vorgehen, wenn Sie einen privaten Vermieter haben. An die großen Konzerne kommen Sie damit nicht heran. Deswegen finde ich: Passen Sie § 5 Wirtschaftsstrafgesetzbuch an die Mietpreisbremse an, und streichen Sie ihn bitte nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein zweiter Punkt im Zusammenhang mit dem Thema Mieten: Die Bundesimmobilienanstalt ist im Moment in aller Munde. Der Kollege Luczak von der CDU hat gestern gefordert, dass Wohnungen nicht zum Höchstpreis verkauft werden. Die Forderung ist richtig; aber es kommt nicht darauf an, zu fordern, sondern darauf, zu handeln. Das Höchstpreisgebot wird aber – das haben Sie im Koalitionsvertrag vereinbart – nur ausgeschlossen für Konversionsflächen. Natürlich ist es derzeit so, dass nach der Bundeshaushaltsordnung zum Höchstpreis verkauft werden muss. Das bedeutet aber, dass kommunale Unternehmen und gemeinwirtschaftliche Unternehmen ausgeschlossen sind. Sie können bundeseigenes Eigentum an Wohnungen und Grundstücken nicht kaufen, und das, obwohl wir Artikel 14 Grundgesetz haben, der besagt, dass Eigentum zugleich auch dem Allgemeinwohl dienen soll. Deswegen meine dringende Aufforderung: Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie wir Artikel 14 Grundgesetz und die Bundeshaushaltsordnung in Übereinstimmung miteinander bringen können, damit Wohnungen und Grundstücke der Bundesimmobilienanstalt auch an kommunale und gemeinwirtschaftliche Unternehmen verkauft werden können, wenn sie verkauft werden sollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zu einem angekündigten Vorhaben: Am letzten Freitag kam der Referentenentwurf zur SED-Opferrente auf unseren Tisch. Wir finden es ausgesprochen richtig und gut, dass Sie den Betrag um 50 Euro erhöhen wollen, können aber nicht verstehen, warum das immer noch als soziale Ausgleichsleistung ausgestaltet ist. Die Betroffenen müssen Einkommensnachweise vorlegen. Nur wenn sie ein entsprechendes Einkommen haben, kommen sie in den Genuss der SED-Opferrente. Das ist nicht akzeptabel. Wir wollen, dass alle Betroffenen einkommensunabhängig eine SED-Opferrente bekommen. Wir bitten Sie darum, zu prüfen, ob Sie den Anwendungsbereich der SED-Opferrente nicht erweitern können. Was ist mit Opfern von Versetzungsmaßnahmen? Was ist mit Jugendlichen, die 1973 bei den Weltfestspielen nach einem völlig absurden Paragrafen wegen „asozialen Verhaltens“ verurteilt wurden? Bitte prüfen Sie, ob Sie den Kreis der Anspruchsberechtigten an dieser Stelle nicht erweitern können.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun komme ich zu einem unterlassenen Vorhaben. Ich habe mittlerweile gelesen, dass Sie, Herr Minister, das Leistungsschutzrecht für Presseverlage verschärfen wollen. Ich sage Ihnen: Das ist der falsche Weg. Der einfachste und günstigste Weg wäre, ein Gesetz zu machen, in dem steht, dass dieses Gesetz aufgehoben ist. Es ist schon ein wenig absurd, dass diejenigen, die in Suchmaschinen gelistet werden, zahlen sollen. Wenn die Suchmaschine die Aufnahme verweigert, wird die Suchmaschine verklagt, weil die Verlage nicht aufgenommen wurden. Das Leistungsschutzrecht war falsch und bleibt falsch. Deswegen sollten Sie es einfach aufheben.

Wenn wir schon dabei sind: Sie haben eine indirekte Verantwortung für Verwertungsgesellschaften; denn Sie haben die Rechtsaufsicht über das Marken- und Patentamt. Insofern ist unser Vorschlag, sich einmal an das Urheberwahrnehmungsgesetz heranzutrauen und für Verwertungsgesellschaften zum Beispiel verbindliche demokratische Binnenstrukturen festzulegen. Es sollte festgelegt werden, dass die Tarifverträge, bevor sie im Gesetzesblatt veröffentlicht werden, von den Aufsichtsbehörden geprüft und genehmigt werden. Dieses Problem kennen wir nicht erst seit der Debatte um die GEMA vor einem oder vor zwei Jahren.

Wir haben jetzt das Problem mit dem Tarifvertrag der VG Media, wo es auch wieder um das Leistungsschutzrecht geht. Nach meiner ersten Durchsicht habe ich festgestellt, dass dieser Tarifvertrag überhaupt nicht mit dem Leistungsschutzrecht – so, wie Sie es beschlossen haben – in Übereinstimmung zu bringen ist. Wir finden es im Übrigen falsch, weil zum Beispiel die Frage der Geltungsdauer überhaupt nicht geklärt ist.

Ich komme – ich will hier nicht ganz ohne Lob weggehen – zum letzten Punkt. Ich freue mich, dass Sie die Kommission zur Neuformulierung der Tötungsdelikte eingerichtet haben, habe aber die Bitte: Verstecken Sie das bitte nicht auf Ihrer Website. Das ist eine gute Sache. Sie können mit unserer Unterstützung rechnen. Machen Sie das doch etwas prominenter.

(Beifall bei der LINKEN)