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Neonazis entwaffnen, Bürgerrechte verteidigen, Menschenleben retten

Rede von Martina Renner,

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Petra! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wir vernehmen tatsächlich neue Töne aus dem Innenministerium, auch heute, insbesondere zum Kampf gegen rechts. In der Vergangenheit wurden rechte Netzwerke und rechter Terror verdrängt, verharmlost und verkannt. Bei Ihnen im Koalitionsvertrag heißt es jetzt: „Rechtsextremismus ist derzeit die größte Bedrohung unserer Demokratie.“

(Josef Oster [CDU/CSU]: Das hat auch Horst Seehofer gesagt!)

Frau Innenministerin Faeser, Sie haben es heute hier ja auch wiederholt. Ich nehme Sie wirklich sehr gerne beim Wort an diesem Punkt.

Beim Wort nehmen, das muss heißen: Wir erwarten von der Bundesregierung, dass endlich nicht nur geredet wird, sondern auch wirksame Maßnahmen ergriffen werden, um rechte Gewalt und rechten Terror zu stoppen. Das heißt: Entwaffnen Sie die rechte Szene,

(Beifall bei der LINKEN)

verhaften Sie untergetauchte Neonazis, schmeißen Sie Rassisten und Antisemiten aus dem Polizeidienst.

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Und aus der Linken!)

Das muss schnell passieren. Und nehmen Sie Abschied vom Extremismusbegriff, der nur vernebelt und die Geheimdienste legitimiert.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber das Allerwichtigste: Hören Sie – ich darf bei Ihnen sagen: hören Sie auch weiterhin – den bedrohten Menschen zu. Die Opferperspektive, sie fehlte bisher im Innenministerium.

(Beifall der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Eine weitere Last aus dem Seehofer-Ministerium ist, dass auf Sicherheitsbedrohungen immer mit dem Ruf nach mehr Technik, nach mehr Überwachung und nach mehr Eingriffen in Grund- und Freiheitsrechte reagiert wurde. Ihr Koalitionsvertrag klingt da schon anders. Entscheidend wird jedoch sein, ob Sie tatsächlich so gefährliche Tools wie die Spionagesoftware Pegasus den Behörden aus der Hand nehmen. Beenden Sie die diskriminierenden anlasslosen Kontrollen der Bundespolizei, sorgen Sie dafür, dass polizeiliche Datenbanken sicher sind und Menschen nicht grundlos in ihnen gespeichert werden, und binden Sie den eigenen Datenschutzbeauftragten mit seinen Bedenken auch in Ihre Arbeit ein.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist die Linke eingeschlafen?)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, genau an diesem Punkt muss man es, glaube ich, noch mal sagen: Der letzte Innenminister hat Menschen im Mittelmeer ertrinken lassen.

(Josef Oster [CDU/CSU]: Eine Unverschämtheit!)

– Das ist keine Unverschämtheit, das ist Ergebnis seiner Politik gewesen. – Und er hat seine Zustimmung zur Aufnahme von Geflüchteten durch die Bundesländer verweigert, obwohl diese dazu bereit waren.

Sie wollen das Leid an den Außengrenzen stoppen; das steht im Koalitionsvertrag. Wenn Sie es ernst meinen, dann handeln Sie jetzt, und zwar sofort.

(Beifall bei der LINKEN)

An den Außengrenzen wird jeden Tag gestorben; das ist also kein Thema, was wir in einem halben Jahr behandeln sollten. Setzen Sie sich jetzt für sichere Fluchtwege ein! Stoppen Sie die illegale Praxis und die Militarisierung von Frontex. Und erteilen Sie den Ländern das Einvernehmen, wenn diese Landesaufnahmeprogramme für Schutzsuchende vorlegen.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Aber bezahlen wird es doch der Bund!)

Das sage ich Ihnen auch als Thüringerin: Wir wollen aus Thüringen hier ein Signal aus dem Innenministerium sehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie, und das glaube ich, wirklich besser sein wollen als Ihr Vorgänger, dann hören Sie auf das, was Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Engagierte Ihnen sagen, und hören Sie vielleicht manchmal ein bisschen weniger auf die Spitzenbeamten, die Sie von Herrn Seehofer übernommen haben. Belassen Sie es nicht bei den schönen, oft auch richtigen Ansagen – werden Sie konkret!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Was war denn das für eine Rede?! – Gegenruf der Abg. Martina Renner [DIE LINKE]: Auf jeden Fall nicht so eine aggressive wie von der CDU!)