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Nein zu Betrug und Intransparenz - Ja zu einer starken demokratischen Finanzaufsicht!

Rede von Axel Troost,

(Rede im Plenum des Deutschen Bundestages am 28.09.2006 in der Aktuellen Stunde „Rolle der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Korruptionsverdacht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht“)

Dr. Axel Troost (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Betrug muss bekämpft werden, Vetternwirtschaft muss bekämpft werden, völlig klar. Wenn es Betrug, Vetternwirtschaft oder gar Fälle von Bestechung gab, müssen die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Das ist genauso selbstverständlich. Wenn die Bundesregierung Kenntnis von solchen Machenschaften bei der BaFin hatte und nicht angemessen gehandelt hat, dann müssen - das ist auch klar - auch die dortigen Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Der Verwaltungsrat der BaFin muss sich fragen, was vielleicht in seiner eigenen Arbeit zu verbessern ist. Das werden alle Mitglieder dieses Hauses unterschreiben. Das ist, so meine ich zumindest, völlig selbstverständlich.

Über Selbstverständliches zu reden, ist aber etwas langweilig. Daher lassen Sie mich zu einem Punkt kommen, der für mich nicht so selbstverständlich ist. Ich werde den Verdacht nicht los, dass einige die Unregelmäßigkeiten in der BaFin nutzen, um eigene Ziele zu verfolgen, Ziele, die deutlich weiter gehen, als bloß die aktuellen Betrugsfälle aufzugreifen.

(Zuruf von der SPD: Da hat er Recht!)

Ich will ganz konkret werden. Es tobt eine Diskussion darüber, ob Teile der Finanzaufsicht nicht besser der Bundesbank zuzuordnen sind. In einer Umfrage haben die Banken erst kürzlich mehrheitlich gesagt, und zwar völlig unabhängig von den aktuellen Betrugsfällen: Wir, die Banken, wollen lieber, dass die Bundesbank Aufgaben der BaFin übernimmt. ‑ Ich aber sage: Die Bundesbank ist eine undemokratische Behörde. Die Banken wollen, dass diese undemokratische Behörde mehr Kontrollaufgaben bekommt. Das will ich nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will, dass wir als Parlament, dass wir als Volksvertreter wenigstens einen minimalen Einfluss auf die Institution ausüben können, die die Finanzmärkte der größten Volkswirtschaft Europas kontrolliert.

(Beifall bei der LINKEN - Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Und dann zum Volkseigentum entwickeln!)

Die BaFin untersteht der Fachaufsicht durch das BMF. Natürlich, die aktuellen Fälle zeigen: Es gibt da möglicherweise Probleme. Vieles muss verbessert werden. Es gibt aber zum Beispiel auch die Möglichkeit, Herrn Sanio durch den Verwaltungsrat nicht zu entlasten. Obwohl das zunächst einmal streng juristisch genommen ohne weitere Konsequenzen bliebe, ist das wenigstens eine kleine demokratische Einflussmöglichkeit, und das ist besser als gar nichts.

Die Bundesbank ist dagegen nach einer vollkommen anderen Philosophie aufgebaut. Sie ist für uns das Musterbeispiel einer Expertokratie. Sie ist das Musterbeispiel einer Behörde, die sich die Aura des ‑ ich sage das ganz bewusst ‑ scheinbar neutralen Expertentums gibt. Sie ist das Musterbeispiel einer Behörde, die sogar stolz darauf ist, dass sie gegen Einflüsse aus der Politik völlig immun ist.

Wir sagen dagegen: Die Finanzaufsicht muss nicht nur effizient und kostengünstig sein. Sie muss nicht nur transparent und ohne Mauscheleien arbeiten. Sie muss ‑ das ist uns wichtig ‑ auch demokratisch kontrollierbar sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen eine transparente und demokratisch kontrollierte Finanzaufsicht.

Ich will ergänzen: Wir brauchen die BaFin als starke Kontrollbehörde, die die internationalen Finanzmärkte einigermaßen in den Griff bekommt, die die zunehmenden Risiken, Verwerfungen und Probleme auf diesen Märkten ‑ auch einmal durch unbequeme Regulierungsvorschläge ‑ in den Griff zu bekommen versucht.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg. Ortwin Runde (SPD))

Gerade hier hat sich die BaFin unter Herrn Sanio verdient gemacht. Sanio war es, der öffentlich gesagt hat, dass Hedge-Fonds die schwarzen Löcher des Weltfinanzsystems sind. Sanio ist es, der ausdrücklich weitere weltweite Regulierungen der Hedge-Fonds fordert.

Wir brauchen also die nahtlose Aufklärung all dieser Fälle. Es ist aber auch notwendig ‑ das will ich zum Schluss ansprechen ‑, dass der Aufsichtsrat sich auch mit sonstigen Fällen in der BaFin beschäftigt.

(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Der Verwaltungsrat!)

‑ Entschuldigung, der Verwaltungsrat. ‑ Es scheint in der BaFin ein ‑ ich sage es einmal ganz vorsichtig ‑ doch recht eigenartiges Klima zwischen Behördenleitung und Beschäftigten zu herrschen. Man wird aufmerksam, wenn man Vokabeln wie „Kriegserklärung“ hört, wenn der Vorwurf der Vorzugsbehandlung engerer Mitarbeiter im Raum steht und wenn der Vizebehördenchef die Beschäftigten gar als „Nieten“ bezeichnet.

(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Der PDS ist das alles unbekannt!)

Der Verwaltungsrat hat eigentlich die Aufgabe, einmal genauer hinzusehen und darauf hinzuarbeiten, dass es zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Behördenleitung und Personalrat kommt. Das ist eine Forderung, die immerhin Gesetzesrang hat.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)