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Mitbestimmung bedroht: Rede zum Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und Versicherungsaufsicht

Rede von Axel Troost,

Gewöhnlich begrüßen wir eine stärkere Finanzmarktaufsicht. Sie ist dringend geboten. Auch mag akzeptabel sein, dass die Bundesregierung sich auf Weniges beschränkt, um einer europäischen Einigung nicht vorzugreifen.

Keinesfalls akzeptabel sind jedoch die Folgen des Gesetzes für Demokratie und Mitbestimmung. Als LINKE. teilen wir die Kritik, die unterschiedliche Institutionen an uns herangetragen haben: der Zentrale Kreditausschuss und Gewerkschaften ebenso wie der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Ich fasse die beiden Kernpunkte der Kritik zusammen. Sie sind so gravierend, dass wir das Gesetz in der vorliegenden Form ablehnen.

Erstens sieht das Gesetz sieht vor, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht - kurz: BaFin - ein direktes Eingriffsrecht in demokratisch gewählte Gremien zuzugestehen. Die BaFin soll das Recht erhalten, Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen das Ausüben ihrer Tätigkeit zu untersagen. Dies gilt dann, wenn ein Mitglied nach Ansicht der BaFin nicht zuverlässig ist oder fachlich ungeeignet erscheint.

Völlig zu Recht verweist der DGB darauf, dass bereits das heutige Aktienrecht ermöglicht, Gremienmitglieder auf Antrag des Aufsichtsrates abzuberufen. Auch die BaFin kann auf diesem Weg die Abberufung von Mitgliedern beantragen. Das ist ein absolut funktionsfähiges und demokratisches Verfahren. Die BaFin muss es nur nutzen. Ein direktes Eingriffsrecht der BaFin öffnet hingegen ein breites Einfallstor für Willkür und Missbrauch. Diese Gefahr besteht umso mehr, weil das Gesetz der BaFin keine angemessenen Beurteilungsmaßstäbe an die Hand gibt. Schon aus Gremien der Pensionskassen ist bekannt, dass die BaFin die Benennung von Arbeitnehmervertreterinnen und -vertretern verhindert hat.

Das zweite Kernproblem ergibt sich aus der eingeschränkten Sicht auf die fachliche Eignung von Mitgliedern in Verwaltungs- und Aufsichtsräten: Denn nicht allein finanztechnisches Fachpersonal gehört in die Gremien. Ebenso unabdingbar sind Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen. Sie müssen weiterhin ihren Platz in den Verwaltungsräten der Sparkassen und Kommunalversicherer behalten. Sparkassen und Kommunalversicherer haben einen öffentlichen Auftrag und sind in der Region verwurzelt. Ich bezweifle zutiefst, dass Sparkassen und Kommunalversicherer von einem reinen Fachexpertengremium besser kontrolliert werden als von gewählten Mitgliedern der Stadträte und Kreistage.

Fälle wie die Milliardenverluste bei der Hypo Real Estate und anderen Finanzinstituten belegen: Viel wichtiger als die Einzelqualifikation der Gremiumsmitglieder ist das Selbstverständnis der Gremien. Wie ist die Kontrolle organisiert? Wie ist die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsprüferinnen und -prüfern geregelt? Diese und andere Fragen sind es, die es zu beantworten gilt.

Für mich ist unstrittig, dass Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsräten kaufmännisches Verständnis benötigen und sich regelmäßig weiterbilden müssen. Zugleich sind relevante Angaben den Kontrollgremien verständlich zu übermitteln.

Fest steht: Eingriffe in Demokratie, Mitbestimmung und die Ausklammerung kommunaler Vertreterinnen und Vertreter sind inakzeptabel, unnötig und kontraproduktiv. Ebenso bleibt zu betonen, dass gerade auch die BaFin selbst dringend mehr und qualifiziertes Personal benötigt.