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Mit dem Lobbyistenregister Transparenz schaffen

Rede von Raju Sharma,

Unternehmen schreiben an Gesetzen mit, Spenden von Hoteliers und Glücksspielunternehmern an Parteien erwecken den Eindruck, dass Politik käufich ist: Mit einem verpflichtenden öffentlichen Lobbyistenregister will DIE LINKE dafür sorgen, dass Lobbyisten registriert und ihre Mitwirkung an Gesetzen benannt und veröffentlicht wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Ich danke den Wählerinnen und Wählern für ihr Vertrauen“ ist ein oft zitierter Satz nach Wahlen. Tatsächlich ist Vertrauen die Grundlage von Politik; denn Wähler vertrauen darauf, dass wir ihre Interessen wahrnehmen. Transparenz ist dafür die Grundlage. Durch Politik nach dem Motto „Was schert mich mein Geschwätz von gestern“, ein Satz, der Konrad Adenauer zugeschrieben wird, leidet das Vertrauen der Bürger in die Politik. Es ist bereits jetzt schwer beschädigt. Die Folgen sind Wahlenthaltung, Flucht in außerparlamentarische Aktivitäten und vieles mehr.

Auch mangelnde Transparenz ist ein Grund dafür. Bekannt ist der Fall Hennenhöfer. Er leitete unter der Umweltministerin Angela Merkel die Abteilung Reaktorsicherheit, wechselte dann als Lobbyist zu Eon, beriet die Betreiber von Asse II und arbeitet heute wieder als oberster Aufseher in der Atomabteilung des Umweltministeriums.
Ich möchte noch einige Beispiele nennen: Auch wenn die Kolleginnen und Kollegen von der FDP das nicht gerne hören, muss ich an die Sache mit Mövenpick erinnern; das ist natürlich nicht vergessen. Ein ähnliches Beispiel, das alle Parteien hier im Hause außer unserer trifft, ist die Gauselmann-Spende. Dann ist daran zu erinnern, dass 100 Lobbyisten zwischen 2004 und 2006 in Ministerien Gesetze schrieben und damit nicht etwa die Interessen der Bürger, sondern die ihrer Unternehmen verfolgten. Im hessischen Innenministerium war ein Mitarbeiter des Flughafenbetreibers Fraport mit Genehmigungsverfahren für den Flughafen befasst. Die Barmer-Chefin Birgit Fischer, SPD, wechselt demnächst nahtlos an die Spitze des Pharmaverbandes vfa. Christian Weber, ehemals Spitzenlobbyist der privaten Krankenversicherungen, ist nun Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium. Daher ist es doch kein Wunder, dass viele Menschen glauben, dass Politik käuflich sei.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu unserem Antrag. Das Einhalten von Wahlversprechen kann nicht gesetzlich erzwungen werden, aber Transparenz kann gesetzlich geregelt werden. Die Linke hat deshalb einen Antrag zur Einführung eines verpflichtenden Lobbyistenregisters eingebracht, in dem Auftraggeber und Honorare veröffentlicht werden und in dem es Informationen zu Leihbeamten gibt. Außerdem sollen klare Sanktionsmöglichkeiten vorgesehen werden. Das ist zwar keine revolutionäre Großtat, aber es wäre eine notwendige Mindestregelung, die der Haushaltausschuss 2008 einstimmig beschlossen hat, die die OECD von Deutschland fordert und die vom Bundesverfassungsgericht angemahnt wird. Für dieses Mindestmaß an Transparenz bohrt die Linke seit Jahren dicke Bretter. Inzwischen sind die Grünen und sogar die SPD mit vernünftigen Initiativen gefolgt.

(Beifall bei der LINKEN - Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir hatten schon letzte Wahlperiode dazu eine Initiative, Herr Kollege! - Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD): Wir auch!)

- Es hat schon seinen Grund, liebe Kollegen von den Grünen und von der SPD, warum ich heute als Erster sprechen darf. Das hängt einfach damit zusammen, dass wir dieses Thema auf die Tagesordnung gebracht haben.
(Beifall bei der LINKEN)

Ich muss den Kollegen von Union und FDP noch eine Frage stellen: Warum wehren Sie sich eigentlich dagegen, Verflechtungen von Lobbyisten und Politik offenzulegen, damit Bürgerinnen und Bürger beurteilen können, wer mit welchen Interessen an einem Gesetz mitgeschrieben hat?

Bei Lebensmitteln muss gesagt werden, welche Farb-, Aroma- und Konservierungsstoffe enthalten sind. Dann kann der mündige Verbraucher selbst entscheiden, ob er beispielsweise einen Erdbeerjoghurt mit Farbstoff oder einen Quark mit Aromastoffen essen will. Er muss nur vorher wissen, was drin ist. So, wie jetzt auf der Packung von manchen Müslis „Achtung! Dieses Nussmüsli kann Spuren von Nüssen enthalten!“ aufgedruckt ist, sollten die Bürgerinnen und Bürger künftig den Hinweis bekommen: Dieses Gesetz zur Laufzeitverlängerung kann Beratungselemente von Eon, RWE und Vattenfall enthalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber es gibt auch Lobbyisten, mit denen wir sehr gerne zusammenarbeiten. Dazu gehört LobbyControl. LobbyControl hat auf vieles zu Recht hingewiesen, zum Beispiel darauf, dass für die EU-Richtlinie zu Managern alternativer Investmentfonds gut 1 500 Änderungsanträge eingebracht worden sind. Rund die Hälfte davon kam direkt aus den Schreibstuben der Finanzindustrie. Solche Meldungen beschädigen das Vertrauen in die Politik, und sie beschädigen die Demokratie. Das Lobbyistenregister kann daher nur der erste Schritt zu mehr Transparenz sein.

Wie wir heute über Schranken für Lobbyisten reden, brauchen wir auch einfache demokratische und transparente Regeln zu Parteispenden, zum Parteisponsoring. All das haben wir in Arbeit. Da müssen wir weitermachen. Den ersten Schritt können wir heute gehen. Dafür bitte ich um Ihre Zustimmung.
Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)