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Milliarden für die Banken, aber nicht 1 Cent für die Bildung

Rede von Nele Hirsch,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin Schavan! Sie haben diesen Haushalt mit zwei zentralen Versprechen verknüpft. Das erste war: Die Bundesregierung investiert verstärkt in die Zukunft. Das zweite war: Die Bundesregierung sorgt für Bildung für alle. Wenn wir uns aber diesen Haushaltsentwurf angucken, dann müssen wir feststellen, dass beide Versprechen nicht umgesetzt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte mit dem ersten Versprechen beginnen. In den letzten Wochen hatte man hier im Parlament doch sehr eindrückliche Erlebnisse. Wir erinnern uns: Mitte Oktober hat die Bundesregierung in nur einer Woche schwuppdiwupp ein Rettungspaket für die Banken in Höhe von mehreren Hundert Milliarden Euro beschließen lassen.

Eine Woche später kommen die Spitzen von Bund und Ländern in Dresden zum Bildungsgipfel zusammen. Das Ergebnis dieses Gipfels ist man muss es sich vorstellen: nachdem eine Woche vorher innerhalb nur einer Woche Hunderte Milliarden einfach so zur Verfügung gestellt wurden:

(Jörg Tauss (SPD): Aber nicht aus dem Haushalt!)

Das Ergebnis des Gipfels ist: „Wir sind uns zwar einig, dass es mehr Geld für die Bildung geben sollte. Aber wie und woher genau, wissen wir auch nicht. Wir richten erst einmal eine Arbeitsgruppe ein.“

Und das ist noch nicht alles: Wieder eine Woche später kommt das Bundeskabinett zusammen und stellt fest: Irgendwie müssen wir nicht nur die Banken retten, sondern uns auch einmal darum kümmern, dass die gesamte Gesellschaft nicht den Bach heruntergeht. Also müsste vielleicht doch so etwas wie ein Konjunkturprogramm auf den Weg gebracht werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun aber muss man sich dieses sogenannte Konjunkturprogramm der Bundesregierung einmal genauer anschauen. Nicht nur sind die darin vorgeschlagenen Beträge lächerlich, sondern wir müssen auch feststellen: Es enthält nicht einen einzigen Cent für Bildung. Liebe Kolleginnen und Kollegen: So eine Politik, Milliarden für die Banken, aber nicht 1 Cent für die Bildung, kann die Linke nicht mitmachen.

(Beifall bei der LINKEN Jörg Tauss (SPD): Ach, Frau Hirsch!)

Ich frage Sie, Frau Schavan: Wie wollen Sie diese Politik einer Alleinerziehenden erklären, die nicht weiß, wie sie die Kitagebühren für ihre Tochter aufbringen soll?

(Klaus Hagemann (SPD): In Rheinland-Pfalz gibt es keine mehr!)

Wie wollen Sie das einem Schüler erklären, der sich in der Schule nicht mehr auf die Schultoilette traut, weil sie in einem erbärmlichen Zustand ist? Wie wollen Sie das einem Auszubildenden erklären, der seine Ausbildung hinschmeißt, weil ihm ausbildungsbegleitende Hilfen fehlen und er ohne sie nicht durchkommt?

Ich muss sagen: Ich kann das diesen Leuten nicht erklären. Das ist einfach ein politischer Skandal. Deshalb sagt die Linke: Wir brauchen jetzt einen nationalen Bildungspakt, in dem festgeschrieben wird, jedes Jahr mindestens 7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Bildung bereitzustellen. Vor allen Dingen müssen wir dafür sorgen, dass wir jetzt ein Konjunkturprogramm auflegen, in dem der Ausbau der bildungspolitischen Infrastruktur ganz eindeutig festgehalten wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit komme ich zu Ihrem zweiten Versprechen: Bildung für alle. Wenn wir uns den Haushaltsentwurf ansehen, stellen wir fest: Das Problem ist nicht nur, dass für Bildung insgesamt deutlich zu wenig Geld zur Verfügung gestellt wird, sondern auch, dass das wenige Geld, das dafür vorhanden ist, komplett falsch verteilt wird.

Das beste Beispiel ist Ihre Exzellenzinitiative im Hochschulbereich, mit der Sie den Weg in die Zweiklassenhochschullandschaft fortsetzen. Mit dieser Exzellenzinitiative wird für einige wenige Hochschulen jedes Jahr doppelt so viel Geld zur Verfügung gestellt wie im Rahmen des Hochschulpaktes für alle anderen Hochschulen zusammen. Wir stellen fest: Hier besteht ein krasses Missverhältnis. Es fehlt an Qualität in der Breite. Deshalb fordert die Linke: Diese Exzellenzinitiative darf nicht fortgesetzt werden. Wir brauchen einen gut ausgestatteten zweiten Hochschulpakt.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Ministerin, wenn Sie Ihre Forderung nach Bildung für alle ernst meinten, dann müssten Sie ganz andere Maßnahmen auf den Weg bringen. Dazu würde gehören, dass man sich auch auf Bundesebene für die Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Weiterbildung einsetzt. Dazu würde gehören, ein Schüler/innen-BAföG einzuführen und das bisherige BAföG so auszubauen, dass wirklich jeder und jede an Bildung teilhaben kann. Dazu würde auch gehören, in den Schulen bessere Förderangebote zu schaffen, anstatt zu akzeptieren, dass der Nachhilfesektor boomt; wenn ich von „besseren Förderangeboten“ spreche, meine ich übrigens nicht die geringen Kleckerbeiträge, die die SPD im Haushaltsplan unterzubringen versucht hat. Das wären geeignete Schritte, um die Forderung nach Bildung für alle zu erfüllen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich fasse zusammen: In Ihrem jetzigen Bildungshaushalt entlarvt sich ganz eindeutig, was Ihr ganzes Bildungsgetöse - Bildungsreise, Bildungsgipfel, Bildungsrepublik Deutschland - eigentlich ist: lauter leere Wahlkampfversprechen. Glauben Sie mir: So dumm sind die Leute trotz Ihrer Bildungspolitik noch nicht, dass sie so etwas nicht merken.

(Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Gott sei Dank sind sie auch nicht so dumm, auf Sie hereinzufallen!)

Wir finden, es ist ein ermutigendes Zeichen, dass vor zwei Wochen Hunderttausend Schülerinnen und Schüler auf die Straße gegangen sind und gesagt haben: So nicht! Wir streiken für eine bessere Bildung! Dafür haben sie unsere Unterstützung.
Besten Dank.

(Beifall bei der LINKEN)