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Migrationspolitischer Sonderweg jetzt erst recht!

Rede von Clara Bünger,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute erneut den Antrag der Union, in dem Sie fordern, die Rechte von Geflüchteten weiter einzuschränken, und das mit Zustimmung der AfD. Das ist wirklich sehr schauderhaft.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das müssen Sie gerade sagen!)

Ihr Timing könnte kaum schlimmer sein. Ein Jahr nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine, fast einen Monat nach dem schweren Erdbeben in der Türkei und in Syrien und nur wenige Tage, nachdem mindestens 66 Menschen auf der Flucht nach Europa gestorben sind, fordern die christlichen Parteien eine Politik, die mehr Leid und mehr Tote zur Folge haben wird. Das hat doch mit christlichen Werten nichts zu tun!

(Beifall bei der LINKEN)

Heute können Sie in allen Tageszeitungen lesen, dass die Zahl der Angriffe auf Geflüchtete massiv gestiegen ist, und Sie betreiben hier dennoch Hetze auf dem Rücken der Menschen, die hier Schutz suchen. Schämen Sie sich dafür!

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und wir kennen doch alle die Bilder von Rostock-Lichtenhagen. Wir müssen endlich alles dafür tun, dass Angriffe auf Geflüchtete gestoppt werden. Wir müssen nicht nur alarmiert sein, sondern wir müssen auch endlich handeln. Das sage ich auch in Richtung der Ministerin.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Toten vor der Küste von Italien haben noch mal deutlich gemacht, wie dringend wir sichere Fluchtwege brauchen. Es kann nicht sein, dass Frontex-Beamte in Pushbacks involviert sind, statt zu retten. Wir brauchen Aufnahmeprogramme, damit Menschen gar nicht erst in Boote steigen müssen. Statt die Festung Europa weiter auszubauen, braucht es ein funktionierendes Seenotrettungsprogramm, damit niemand auf der Flucht sterben muss.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Doch auch hinsichtlich des Umgangs mit den Menschen, die es nach Deutschland geschafft haben, verkennt der Antrag die Realität. Statt anzuerkennen, dass wir aus der Behandlung von ukrainischen Geflüchteten im vergangenen Jahr lernen und ein menschliches und würdiges Ankommen für alle ermöglichen könnten, werden Ukrainer/-innen gegen andere Geflüchtete ausgespielt – als ob es im Krieg einen Unterschied machen würde, welchen Pass man besitzt.

(Beifall bei der LINKEN)

Dabei ist sich die Union nicht zu schade, die reale Not mancher Kommunen für ihre populistische Politik auszunutzen.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: So ein Blödsinn!)

Die Antwort auf Engpässe bei der Versorgung und Unterbringung kann nicht sein, den Weg nach Deutschland noch tödlicher zu machen

(Beifall bei der LINKEN)

und das alte Märchen vom Pull-Faktor wieder herauszukramen. Dazu gibt es – das wurde schon gesagt – keine wissenschaftlichen Studien.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)

Niemand kommt nach Deutschland, um in Containern und Zelten an abgeschiedenen Orten zu leben! Niemand riskiert sein Leben auf der Flucht, um für Sozialleistungen unter dem Existenzminimum hier in Deutschland zu leben!

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Nein, aber wer auf der Flucht ist, kommt nach Deutschland! Machen Sie doch mal die Augen auf!)

Dass wir überhaupt in dieser Situation sind, hat doch die Union zu großen Teilen selbst zu verantworten; denn Sie haben immer mehr Kapazitäten reduziert, statt dezentrales Wohnen zu ermöglichen.

Kommunen brauchen jetzt unsere Unterstützung, um diese Fehler zu beheben.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU])

– Ja. – Die private Unterbringung bei Verwandten oder Bekannten kann dabei helfen; die Aufnahme der über 1 Million Ukrainer/-innen hat das auch gezeigt. Diese Option muss auch für andere Asylsuchende geöffnet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Lagerpflicht muss endlich enden. Das Land Berlin ist mit Katja Kipping als Senatorin da mit gutem Beispiel vorangegangen. Liebe Ampel, schaffen Sie die Lagerpflicht endlich ab! Ich finde es sehr begrüßenswert, dass die Innenministerin gestern zugesichert hat, dass sie sich mit dieser Idee auseinandersetzen wird.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Um Gottes willen!)

Auch Angebote von Kommunen, die bereit sind, mehr Menschen aufzunehmen, müssen angenommen und unterstützt werden.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Na, die Kommunen müssen Sie mir zeigen!)

Damit alle geflüchteten Menschen menschenwürdig unterkommen können, muss aber noch viel mehr passieren. Wir brauchen dringend massive Investitionen in bezahlbaren Wohnraum für alle benachteiligten Gruppen; dabei denke ich nicht nur an Geflüchtete. Ich finde es unsäglich, dass die AfD ihre Politik auf dem Rücken von armen Menschen in Deutschland macht. Es geht dabei natürlich nicht nur um geflüchtete Menschen, sondern es geht auch um Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die Sozialleistungen erhalten; auch diese brauchen Unterstützung.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb brauchen wir massive Investitionen in bezahlbaren Wohnraum, damit diese Gruppen nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern gemeinsam unterstützt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)