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Mehr Demokratie in Europa - Wahlalter auf 16 Jahre herabsetzen!

Rede von Alexander Ulrich,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Jugend ist politisch aktiv, kritisch und will mitbestimmen. Gerade in Zeiten wie diesen, Zeiten des Krieges, der wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen, der Umweltzerstörung, der Klimakatastrophe, braucht die Jugend eine Stimme. Und jeder, der sich mit Jugendlichen unterhält, der Schulen besucht, der weiß: Sie wollen diese Stimme auch. Deshalb ist das, was heute hier gemacht wird, überfällig.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Forderung des Wahlalters ab 16 ist im Europa- und im Bundestagswahlprogramm meiner Partei enthalten. Herr Hartmann, man fragt sich da eher: Warum hat das so lange gedauert? Warum muss man sich heute noch an Willy Brandt erinnern? Mehr Demokratie hätte man auch zwischenzeitlich wagen können. Das Wahlalter ab 16 ist überfällig. Man konnte schon jetzt vielen Jugendlichen nicht mehr erklären, warum sie in ihrer Gemeinde den Gemeinderat, den Bürgermeister und möglicherweise auch schon den Landtag wählen dürfen, aber nicht bei der Europawahl oder bei der Bundestagswahl teilnehmen können.

(Beifall bei der LINKEN)

1,4 Millionen Menschen, die sich – auch durch die Wahlen – in Zukunft zusätzlich mit Europa beschäftigen, sind ein Gewinn für die Demokratie, sind ein Gewinn für den europäischen Gedanken. Denn diese Jugendlichen werden sich dann auch früher damit beschäftigen, dass viele Probleme nicht mehr in nationalen Grenzen zu bewältigen sind, sondern dass wir für viele Zukunftsfragen Europa brauchen.

Aber, Herr Hartmann, ich sage Ihnen auch, und ich sage das an alle hier im Haus: Wer das ernst nimmt, was heute hier gesagt worden ist, der darf bei der Europawahl nicht stehen bleiben; diesen Eindruck dürfen wir nicht hinterlassen. Denn dann hätten wir wieder Schaden verursacht, wenn wir sagen: Mit 16 darf man an der Europawahl teilnehmen, aber weiterhin erst mit 18 den Bundestag wählen nach dem Motto: Europa ist nicht so wichtig, da dürft ihr mal, aber bei der Bundestagswahl nicht. – Deshalb fordern wir als Linke: Wer das heute hier beschließt, muss alles dafür tun, dass wir auch bei der nächsten Bundestagswahl 16-Jährige an die Urne schicken dürfen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sonja Eichwede [SPD])

Meine Partei bzw. meine Fraktion wird dieses Anliegen unterstützen.

(Zuruf des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU])

Da rennen Sie bei uns offene Türen ein.

Bei zwei anderen Themen, die die CDU/CSU gerne besprechen will, haben wir unterschiedliche Auffassungen. Ja, auch wir als Linke werden zustimmen, wenn es um transnationale Listen geht. Was wir aber ablehnen werden, ist, wenn eine neue Prozenthürde bei der Europawahl eingeführt wird. Bitte lesen Sie sich alle noch einmal die Urteile des Bundesverfassungsgerichts durch: wie es begründet hat, warum die Sperrklausel fällt.

(Beifall bei der LINKEN – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Die Rechtsgrundlage haben wir doch jetzt seit 2018! Das ist doch falsch! Die Rechtsgrundlage gibt es seit 2018!)

An diesen Begründungen hat sich nichts verändert. Es gibt keinen Grund, eine neue Sperrklausel einzuführen. Damit werden Hunderttausende Wählerinnen und Wähler ihrer Stimme beraubt und sollen wieder ausgegrenzt werden. Und niemand kann doch behaupten, dass aufgrund dieser wenigen Abgeordneten, die in Deutschland durch den Wegfall der Sperrklausel ins Europaparlament gewählt worden sind, die Arbeitsfähigkeit des Europaparlaments nicht gewährleistet wäre. Lassen Sie die Finger von einer neuen Sperrklausel!

(Beifall bei der LINKEN)

Und zum Schluss: Herr Wirth von der AfD hat in seiner Rede gesagt bzw. unterstellt, –

– dass viele unter 18-Jährige eine fehlende geistige Reife hätten. Ich kenne viele Jugendliche unter 18 Jahren, die reifer im Kopf sind als viele von der AfD.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Valentin Abel [FDP] – Martin Reichardt [AfD]: Die wählen Sie nur auch nicht!)