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Martina Renner: Immer noch: Danke Antifa!

Rede von Martina Renner,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren der demokratischen Fraktionen!

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Marian Wendt [CDU/CSU]: Zählen Sie auch darunter?)

– Wissen Sie, Herr Wendt, dieser Zwischenruf sagt mehr über Sie als über mich.

(Zurufe von der AfD: Pfui!)

Der vorliegende Antrag wäre auf eine lächerliche Art und Weise absurd, wenn wir außer Acht lassen würden, vor welchem Hintergrund wir die Diskussion heute führen. Als wir vor knapp einem Jahr schon einmal über einen ähnlichen Antrag sprachen, taten wir das wenige Wochen nach der Ermordung von Walter Lübcke.

(Zuruf von der AfD)

- „Ach Gott“ ruft die AfD. – Seitdem sind zwölf weitere Menschen von rechten Terroristen ermordet worden, so viele – bezogen auf den Zeitraum – wie seit dem blutigen Jahr 1980 nicht mehr. Ich meine die Morde und Attentate der „Wehrsportgruppe Hoffmann“ und der Deutschen Aktionsgruppen.

Auch Innenminister Seehofer, der wohl über jeden Verdacht erhaben ist, Mitglied der Antifa zu sein,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD)

erkennt – mittlerweile – unumwunden an: „Die größte Bedrohung geht vom Rechtsextremismus aus.“

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn uns also der parlamentarische Arm des Rechtsterrors erneut diese überflüssige Debatte aufzwingt,

(Zuruf von der AfD: Unverschämtheit!)

sollten wir über das dahinterstehende Kalkül nachdenken und uns klar werden: Es ist eine Beleidigung des Andenkens an Walter Lübcke, Mercedes Kierpacz und alle anderen Todesopfer rechter Gewalt, und es ist ein Versuch, die politische Debatte zu unterbinden, die notwendig ist, um rechten Terror zu stoppen und weitere Tote zu verhindern.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Sprechen Sie doch mal zum Thema!)

Meine letzte Rede habe ich mit einem Dank an die Antifa beendet. Das möchte ich heute konkretisieren.

(Marian Wendt [CDU/CSU]: Also gibt es die Antifa doch?)

Das Verbot des rechtsterroristischen Netzwerkes Combat 18 hätte es ohne die Recherche des antifaschistischen Portals EXIF nicht gegeben. Sie waren es auch, die wesentlich dazu beigetragen haben, die falsche Behauptung der Behörden, der mutmaßliche Mörder von Walter Lübcke sei jahrelang nicht mehr in Erscheinung getreten, er sei so etwas wie ein rechter Schläfer, zu korrigieren. Danke EXIF!

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes verbindet die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus mit antifaschistischer Praxis in der Gegenwart. Danke auch an die VVN!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Magazine wie das „Antifaschistische Infoblatt“, „Der Rechte Rand“ und „Lotta“ beobachten die Entwicklung der extremen Rechten mit Ausdauer, profunder Kenntnis und ehrenamtlichem Engagement. Danke unseren Magazinen!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In verschiedenen Städten haben sich in den letzten Monaten Migrantifa-Gruppen gegründet, auch als Reaktion auf den rechten Anschlag in Hanau im Februar. Diese Gruppen verbinden antirassistische und antifaschistische Kämpfe und schlagen damit eine dringend notwendige Brücke. Damit stehen sie auch in der Tradition des migrantischen Selbstschutzes gegen rechte Übergriffe in den 90er-Jahren. Danke Migrantifa!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Antifaschistische Archive wie das apabiz in Berlin oder a.i.d.a. in München sind Wissensspeicher, von denen politische Initiativen ebenso profitieren wie Journalisten und Journalistinnen. Diese Archive sind auch unbequeme Chronisten. Sie lagern Informationen über die Aktivitäten und Netzwerke der extrem Rechten, die Leute wie Björn Höcke und Andreas Kalbitz gerne vergessen machen würden. Aber es wird nichts vergessen. Danke den Archiven!

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir vergessen nicht. Wir vergessen nicht die Namen der Ermordeten und auch nicht die Namen der Mörder. Wir wissen über die Netzwerke Bescheid und über die geistigen Brandstifter. Wir kennen die Leerstellen der Ermittlungen und die Versäumnisse der offiziellen Erinnerungen. Wir wissen auch: Unsere Stärke ist die Solidarität. Sie verbindet uns auch hier im Haus, über Parteigrenzen hinweg, und Ländergrenzen kennt sie auch nicht.

(Zurufe von der AfD)

Sie ist die Erinnerung unserer Erfolge und auch das Gedenken an unsere Niederlage – für einen gemeinsamen Kampf, für ein besseres Morgen, für alle.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)