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LINKE will Entlastung der Kommunen, einen Mindestlohn und armutsfeste Renten

Rede von Katrin Kunert,

Herzlichen Dank, Herr Präsident.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kober,

Sie wollten im Rahmen der Gemeindefinanzreform an die Gewerbesteuer ran und niemand anders. Sie haben sie infrage gestellt. Sich heute als Rächer der Kommunen darzustellen, das ist schon sehr abenteuerlich.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Das ist lächerlich! Bernd Scheelen (SPD): Das steht sogar im Koalitionsvertrag!)

Wenn die Rente zum Leben nicht reicht, egal ob es die Rente im Alter oder bei Erwerbsminderung ist, muss Grundsicherung bezogen werden. Es ist ausdrücklich nicht Aufgabe der Kommunen, für diese Kosten aufzukommen; dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir begrüßen ausdrücklich, dass die kompletten Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom Bund übernommen werden. Bereits in der ersten Lesung haben wir Nachbesserungen gefordert. Wir haben Ihnen im Arbeits- und Sozialausschuss einen Änderungsantrag vorgelegt.

Erstens wollten wir, dass die Möglichkeit der örtlich abweichenden Regelleistungen beibehalten wird. Das heißt, die Stadt München gibt den Grundsicherungsbeziehenden 19 Euro mehr, weil die Preise in München sehr hoch sind. Diese Möglichkeit hat die Koalition aufgegriffen, sie will aber die höheren Kosten nicht über den Bund, sondern über die Länder finanzieren lassen. Wir sagen: Wer A sagt, muss auch B sagen. Wer die Kommunen von den Kosten entlasten will, der muss das auch in vollem Umfang tun.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens wollten wir, dass die Menschen mit Behinderung, die bei ihren Eltern leben und dort betreut werden, ihre Unterkunftskosten unbürokratisch erhalten können. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts müssen Mietverträge zwischen den Eltern und ihrem leistungsberechtigten Kind geschlossen werden, um die Kosten der Unterkunft zu erhalten. Eltern, die sich liebevoll um ihr Kind weit über das 18. Lebensjahr hinaus kümmern und es betreuen, werden mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand belastet. Zudem sind die Eltern meist die gesetzlichen Betreuer ihrer Kinder und müssten daher einen Vertrag mit sich selbst schließen, was juristisch überhaupt nicht möglich ist. Es wäre also nötig, einen Ersatzbetreuer zu bestellen. Das halten wir für einen unhaltbaren Zustand. Bei der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention muss solcher Unfug ausgeschlossen sein.

(Beifall bei der LINKEN)

In einem Änderungsantrag haben wir Ihnen dazu einen Vorschlag unterbreitet, aber leider haben Sie ihn abgelehnt, was wir sehr bedauern.

(Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Schämt euch! Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Sehr peinlich!)

Als Nächstes frage ich Sie, wie Sie Ihr gegebenes Versprechen, die Kommunen zu entlasten, halten wollen. Der Bund lehnt derzeit jede Übernahme von Verantwortung ab. Sie haben aber die Möglichkeit, unserem Antrag zuzustimmen, in dem wir fordern, dass die Entlastung eins zu eins an die Kommunen weiterzuleiten ist; denn eine Ermahnung reicht nicht, Herr Kober.

(Beifall bei der LINKEN)
Wie oft ermahnen wir Sie von diesem Pult aus, dass Sie sich gegenüber den Ländern entsprechend verhalten! Wir sind der Meinung, dass man das gesetzlich regeln kann.

(Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Da hilft eine Mahnung gar nichts! Gisela Piltz (FDP): Dann ändern Sie doch einmal das Staatsrecht, Frau Kunert!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der in den nächsten Jahren zu erwartende Anstieg im Bereich Grundsicherung muss uns alle alarmieren. Die Anzahl der Menschen, die lange gearbeitet haben und trotzdem auf Grundsicherung angewiesen sind, wird stark steigen. Bereits in der ersten Lesung habe ich die Frage gestellt: Warum lassen wir, verdammt noch mal, die Menschen nicht mit ihrer Hände Arbeit eine armutsfeste Rente erarbeiten, indem wir hier im Hause die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns beschließen?

(Beifall bei der LINKEN)

Es hilft nicht, die Verdienstgrenze bei Minijobs von 400 auf 450 Euro anzuheben. Eine Kollegin hat einmal vorgerechnet: Man müsste 200 Jahre arbeiten, um überhaupt das Grundsicherungsniveau zu erreichen. Es gibt auch in Zukunft keinen Weg weg von der Grundsicherung. Die Linke sagt: Wir wollen den Mindestlohn, und wir wollen das System der Rentenversicherung endlich sozial, solidarisch und gerecht gestalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Rente muss zum Leben reichen. Das Rentenniveau muss angehoben werden. Wir wollen die in der Rentenanpassungsformel enthaltenen Kürzungen streichen. Wir wollen die Rente in Ost und West endlich gleich gestalten.

(Beifall bei der LINKEN Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Längst überfällig!)
Dazu gehört auch, dass wir die Rente mit 67 abschaffen wollen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)