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LINKE ist für sofortigen Baustopp Stuttgart 21

Rede von Dagmar Enkelmann,

Geschäftsordnungsdebatte Stuttgart 21

Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion Die Linke wird dem Aufsetzungsantrag, also dem Antrag auf Änderung der Tagesordnung, zustimmen.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Große Überraschung!)

Wer die Bilder aus Stuttgart gesehen hat, den darf das nicht kaltlassen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege van Essen, wir beide mögen uns sehr;

(Zurufe aus dem ganzen Haus: Oh!)

aber das, was Sie hier vorgetragen haben, war mehr als peinlich. Es gehörte nicht in diese Debatte.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD Volker Kauder (CDU/CSU): Das entscheiden Sie noch lange nicht, was hier gesagt wird!)

Wir sind der Auffassung: Wir dürfen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Wir sind nicht in der DDR! Jetzt hört es aber auf! Die Zeiten, wo Sie bestimmten, was im Parlament diskutiert wird, sind endgültig vorbei!)
Ich stehe am Mikro, Herr Kauder; insofern kann ich lauter reden als Sie.
(Beifall bei der LINKEN)

Seit Wochen demonstrieren in Stuttgart friedlich viele Tausende Menschen. Da sind Demonstrationserfahrene, aber auch viele Demonstrationsneulinge dabei, auch viele CDU-Wählerinnen und Wähler. Das dürfen Sie nicht vergessen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese Demonstranten nehmen ihr Recht auf Demonstration wahr. Das geschieht nicht im rechtsfreien Raum.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das gilt im Übrigen auch für die Schülerinnen und Schüler, die dort gestern eine genehmigte Veranstaltung durchgeführt haben.

(Zuruf von der LINKEN: Hört! Hört!)
Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, ob Sie das Entsetzen und die Tränen in den Augen der Schülerin gesehen haben, die gestern auf allen Sendern zu sehen war. Was lernen eigentlich Schülerinnen und Schüler an einem solchen Tag?

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Lernen sie Demokratie? Lernen Sie freie Meinungsbildung? Was lernen sie über die Institutionen dieses Staates?

(Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU): Sind wir in der Zone?)

Was lernen sie, wenn plötzlich Wasserwerfer auffahren, wenn Pfefferspray eingesetzt wird?

(Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU): Sie lernen, dass man sich an Recht und Gesetz zu halten hat, Frau Enkelmann!)

Wenn Schülerinnen und Schüler so etwas erfahren, sollen sie Vertrauen in die Institutionen des Staates gewinnen? Das können Sie vergessen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Hier geht es nicht um Wahlkampf. Hier geht es um Demokratie.

(Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Das können Sie uns nicht beibringen!)

Ich sage Ihnen eines: Demokratie heißt auch, dass man Entscheidungen, die man einmal getroffen hat, gegebenenfalls auch überprüft. Deswegen fordert die Linke an dieser Stelle einen Baustopp für Stuttgart 21.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Bundestag ist sehr wohl involviert. Deshalb gehört dieses Thema heute auf die Tagesordnung. Er war beteiligt bei der Entscheidung zu Stuttgart 21, und es sind Bundespolizisten im Einsatz gewesen.

(Jörg van Essen (FDP): Aber nicht an der Einsatzleitung!)

Damit ist das auch Sache dieses Bundestages. Damit müssen wir uns beschäftigen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir müssen heute und hier in einer öffentlichen Debatte über dieses Thema reden und Rede und Antwort stehen. Ich denke, das sind wir denen schuldig, die in Stuttgart brutal bedroht und verletzt worden sind. Die Bilder haben Sie alle gesehen. Der Linken ist das Thema so wichtig, dass wir bereit sind, den von uns beantragten Tagesordnungspunkt zurückzuziehen, wenn stattdessen eine Debatte zu den gestrigen Vorgängen in Stuttgart durchgeführt wird.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)