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Linke gegen Zwei-Klassen-Bildung

Rede von Nele Hirsch,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Hagemann hat vorhin Wert darauf gelegt, dass wir alle zusammen stärker die Fakten anerkennen und keine Schwarzmalerei betreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich gebe Ihnen da vollkommen Recht.

(Jörg Tauss (SPD): Also bessern Sie sich!)

Die Linke hält es allerdings nicht für Schwarzmalerei, wenn von einer Ausbildungsmisere gesprochen wird. Wir sind nämlich in einer Situation, in der jeder zweite Bewerber, jede zweite Bewerberin keinen Ausbildungsplatz findet, aber schon über ein Jahr auf Suche ist. Das ist keine Schwarzmalerei. Das ist einfach Realität.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir halten es auch für richtig, darauf hinzuweisen, dass entgegen den Beteuerungen der Ministerin, die Zahl der Studienanfängerinnen zu steigern, diese Zahl in der Realität zurückgeht. Das alles sind Fakten, die man zur Kenntnis nehmen muss. Vor allen Dingen darf man die Augen nicht vor dem Skandal im deutschen Bildungssystem verschließen, dass die soziale Herkunft ganz maßgeblich über den Bildungserfolg entscheidet und wir bei dieser Koppelung im Vergleich zu anderen Industrienationen traurigerweise an der Spitze stehen.
Das alles sind Realitäten. Wir Linke erkennen diese Realitäten an. Wir sagen Nein zu diesem Haushaltsentwurf, weil er auf diese ganzen Schwierigkeiten keinerlei Antworten gibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn man sich den Haushalt im Bildungsbereich und Ihre Bildungspolitik, Frau Ministerin, anschaut, wird als Erstes deutlich, dass sehr viele Bereiche von Nichtstun geprägt sind und Sie sich schlichtweg jeglicher Verantwortung entziehen. Das beste Beispiel ist die Ausbildungsmisere. Die Linke hat gesagt: Es ist dringend notwendig, eine gesetzliche Ausbildungsplatzumlage einzuführen, damit sich die Unternehmen nicht immer weiter ihrer Verantwortung entziehen können und wir ein Recht auf Ausbildung sicherstellen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Alle anderen Fraktionen haben diesen Vorstoß abgelehnt.

Zweites Beispiel: Der UN-Sonderberichterstatter Vernor Muñoz hat Deutschland besucht. Er hat in seinem Bericht festgestellt, dass das Recht auf Bildung in der Bundesrepublik Deutschland missachtet wird. Wir haben die Bundesregierung gefragt und ganz speziell Sie, Frau Ministerin Schavan, wie Sie mit einer solchen Aussage umgehen. Ihre Antwort war: Tut mir leid, dafür sind die Länder zuständig. Da kann ich nichts machen. Ich frage Sie, ob Sie nicht meinen, dass sich Menschen, die solche Aussagen von Ihnen hören, nicht reichlich veralbert vorkommen, wenn sie keine Antwort darauf haben, wenn die UNO Ihnen vorwirft, dass Sie so ein elementares Grundrecht wie das Recht auf Bildung missachten?

Ein weiteres passendes Beispiel hierfür, darüber haben wir schon diskutiert, ist das Thema Studiengebühren. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Bundesrepublik den sogenannten Sozialpakt der UNO unterzeichnet hat. Darin steht, dass das Studium gebührenfrei zu halten bzw. Schritt für Schritt gebührenfrei zu gestalten ist. Wenn Ihre Antwort, konfrontiert man Sie damit, einzig und allein lautet, dass Sie fest davon ausgingen, dass die Länder schon sozialverträgliche Studiengebühren einführen würden, dann ist uns das deutlich zu wenig. Es ist uns auch deutlich zu wenig, dass die SPD-Fraktion nimmt man einmal an, dass sie es mit ihrer Ablehnung von Studiengebühren ernst meint eine solche Aussage vonseiten der Ministerin einfach so durchgehen lässt.

(Beifall bei der LINKEN Jörg Tauss (SPD): Entschuldigung, wir haben hier eine Debatte geführt!)

Wenn wir auf der einen Seite das Nichtstun in Ihrer Bildungspolitik kritisieren, geben wir auf der anderen Seite offen zu, dass teilweise etwas getan wird. Nur leider sind es im überwiegenden Fall nicht mehr als minimale Trippelschritte. Das ist beim BAföG so, das erst im kommenden Jahr erhöht wird, und selbst dann nicht um den Betrag, der eigentlich notwendig wäre, um bedarfsdeckende Sätze zu ermöglichen. Als ein zweites Beispiel ist der Hochschulpakt anzusprechen, wozu sogar die Hochschulrektorenkonferenz, die Ihnen doch eigentlich relativ wohlgesonnen ist, sagt: Das Ganze ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.
Ein drittes Beispiel: Im Berufsbildungsbericht wird Ihnen nahegelegt, dass gerade in Ostdeutschland die Ausbildungssituation katastrophal ist. Sie aber kürzen die Mittel für Ausbildungsförderprogramme im Osten radikal zusammen.

(Jörg Tauss (SPD): Ach, jetzt aber! Das ist doch albern!)

Das hat mit einer guten Bildungspolitik wirklich nichts zu tun.

(Beifall bei der LINKEN - Jörg Tauss (SPD): Das hat mit der Realität nichts zu tun!)

Schließlich haben wir neben diesem Nichtstun und den Trippelschritten als Drittes noch Bereiche, in denen Sie sehr aktiv sind. Nur leider werden hier komplett falsche Prioritäten gesetzt und es wird eine falsche Politik gemacht.

Frau Burchardt, Sie sprechen von Kontinuität in dieser Politik. Das ist leider eine sehr traurige Kontinuität. Begonnen wurde diese Politik in der Tat schon von Rot-Grün. Es wäre aus unserer Sicht aber wichtiger, eben nicht auf dieser Kontinuität zu beharren, sondern zu einer sozial gerechteren Politik zu kommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das bezieht sich insbesondere auf die Exzellenzinitiative und die Aufstockung der Mittel für die Begabtenförderung. Damit zementieren Sie eine Spaltung im Bildungssystem. Damit zementieren Sie eine Zweiklassenbildung. Das möchte die Linke definitiv nicht, und deshalb wird dieser Haushaltsplan von uns auch abgelehnt.

Besten Dank.

(Beifall bei der LINKEN)