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LINKE fordert bundeseinheitliche Sicherstellung von Frauenhäusern und Schutzeinrichtungen

Rede von Kirsten Tackmann,

Rede zum Antrag der Koalition "Die Situation von Frauenhäusern verbessern", zum Antrag der FDP "Forderung nach einem Bericht der Bundesregierung über die Lage der Frauen- und Kinderschutzhäuser", zum Antrag der LINKEN "Finanzierung von Frauenhäusern bundesweit sicherstellen und losgelöst vom SGB II regeln", zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN "Grundrechte schützen - Frauenhäuser sichern", Drucksachen 16/12992, 16/8889, 16/6928, 16/10236,16/13265 // zum Antrag der FDP "Für eine Absicherung von Frauen- und Kinderschutzhäusern"- Drucksache 16/13178 -, TOP 35, Rede zu Protokoll

Anrede,

Ende 2008 wurde der 6. Staatenbericht der Bundesregierung vor dem UN-Ausschuss zur Beseitigung jeglicher Diskriminierung von Frauen, CEDAW genannt, verhandelt. In beeindruckender Deutlichkeit wurde dort die Frauen-Politik der Bundesregierung gerügt. Und zwar an vielen Punkten, die eine Allianz von Frauenorganisationen in ihrem alternativen Schattenbericht benannt und auch DIE LINKE hier bereits mehrfach vorgetragen hat.

Der Ausschuss forderte die Bundesregierung z. B. nachdrücklich auf, eine ausreichende Anzahl von Frauenhäusern auf dem gesamten Staatsterritorium zur Verfügung zu stellen und angemessen zu finanzieren. Wobei "ausreichend" und "angemessen" in diesem Fall heißt, sie müssen "allen Frauen offen stehen, unabhängig von der finanziellen Situation des Opfers."

Meine Fraktion DIE LINKE hat mit ihrem heute zur Abstimmung stehenden Antrag bereits Ende 2007 diese wichtige Debatte zur teilweise beschämenden Situation in Frauenhäusern angestoßen. In unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, für eine bundeseinheitliche Sicherstellung von Frauenhäusern und Schutzeinrichtungen zu sorgen.

Wenn unser Antrag zügig eine parlamentarische Mehrheit gefunden hätte und umgesetzt worden wäre, hätte zumindest bei diesem Thema der CEDAW-Ausschuss keinen Grund zur Kritik gehabt. Die Chance wurde vertan!

Aber immerhin bewirkte der Antrag der LINKEN trotzdem ein kleines Wunder: 2008 fand die erste Frauenhaus-Anhörung im Bundestag statt - nach mehr als 30 Jahren Frauenhausbewegung! In der Anerkennung einer Problemlage waren sich alle relativ schnell einig. Es ging deshalb vor allem um eine zentrale Frage: Wer ist zuständig für die Lösung des Problems - der Bund oder die Länder? Die Koalition hätte gern die Länder für zuständig erklärt. Aber daran zweifelten selbst die von ihnen benannten Rechtsexperten angesichts der Berichte der verschiedenen Expertinnen mit realen Alltagserfahrungen. Denn es gibt ein erheblich gestörtes soziales Gleichgewicht in der Versorgung mit Fluchtmöglichkeiten vor häuslicher Gewalt zwischen den Landesteilen. Und in einem solchen Fall muss der Bund nach dem Grundgesetz für Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sorgen.

Dazu nur einige Zahlen:

* in Bayern steht für mehr als 17 000 Einwohnerinnen und Einwohner 1 Frauenhausplatz zur Verfügung; in Bremen für 6 200

* in Rheinland-Pfalz werden bis zu 60% des Frauenhausetats aus kommunalen Mitteln bestritten, in Sachsen-Anhalt ganze 14%

* bis zu 70% Eigenmittel müssen Frauenhäuser in Nordrhein-Westfalen einwerben, in Berlin sind es nur 3%.

Vor allem die hohe Eigenmitteleinwerbung ist ein Dilemma: statt sich auf ihre eigentlichen Aufgaben in Sachen Nothilfe und Prävention konzentrieren zu können, führen viele Beschäftigten in den Frauenhäusern einen Überlebenskampf um ihre eigenen Arbeitsplätze!

Die Umstellung der Finanzierung des Frauenhausaufenthaltes auf Tagessätze in 13 Bundesländern hat die Lage für die Opfer von häuslicher Gewalt noch dramatisiert: sie werden nun an den Kosten für ihre Zuflucht und die ihrer Kinder beteiligt. Bei Ersparnissen oder eigenem Einkommen müssen sie diese ganz selbst tragen. Aber Frauenhäuser sind "kein Dach über dem Kopf", für das frau Miete zahlen sollte, sondern niedrigschwellige, anonyme, unbürokratische und überregional vernetzte Zufluchtsorte, Unterstützungs- und Beratungsangebote für Opfer! Mietzahlung für die Opfer ist und bleibt ein inakzeptables, absurdes Konstrukt! Deshalb fordert die LINKE eine pauschale, bedarfsgerechte und planungssichere finanzielle Absicherung dieser wichtigen Arbeit mit Schutzauftrag.

Der CEDAW-Ausschuss hat ganz bewusst auf die Verantwortung der Bundesregierung für diese Finanzierung hingewiesen. Die bedarfsgerechte Finanzierung von Beratung und Unterstützung für misshandelte Frauen und Kinder muss Pflichtaufgabe von Ländern und Kommunen werden. Die unterschiedlichen Regelungen in den Ländern und Kommune sollten vereinheitlicht werden.

Ich erkenne ja an, dass im Feststellungsteil des Antrags der Koalition nun viele kritische Hinweise aus der Frauenhaus-Anhörung aufgegriffen wurden. Im Forderungsteil sucht man aber leider die Schlussfolgerungen aus den gewonnenen Erkenntnissen vergeblich. Prüfen, empfehlen, werben oder sich einsetzen reicht angesichts der prekären Situation nicht aus. Selbst die eindeutigen Forderungen des CEDAW-Ausschusses verwässern und degradieren Sie zu Empfehlungen. Von der Anerkennung des Problems bis zu seiner Lösung war der Schritt für einen Teil der Koalition offensichtlich deutlich zu groß. Das ist ja bei vielen Problemen aktuell so - aber hier geht es um Gewaltopfer! Da ist jedes Zögern eigentlich Versagen!

Die LINKE hat in ihrem Antrag klare Forderungen im Interesse der Frauenhäuser und der Opfer von häuslicher und sexualisierter Gewalt. Seien Sie also mal mutig, liebe Kolleginnen und Kollegen, und stimmen Sie zu, damit sich endlich wirklich etwas ändert!