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Liberalisierung der Telekommunikation schadet den Verbraucher/-innen!

Rede von Sabine Zimmermann,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren!

2007 gab es bei der Bundesnetzagentur etwa 36.000 Anfragen und Beschwerden von Verbrauchern im Bereich der Telekommunikation. Das sind deutlich mehr als in den Bereichen Post oder Elektrizität. Und das zeigt, dass wir es hier mit einer besonderen Problemlage zu tun haben.
Die Liberalisierung hat unseriöse Geschäftmodelle gefördert. Das betrifft gerade den Gebrauch der 0180er Vorwahl für Kundendienste. Eine Vorwahlnummer, die in der Regel von Behörden benutzt wird, deshalb als seriös galt und von windigen Unternehmen benutzt wird, um Verbraucherinnen und Verbraucher in Unkenntnis abzuzocken. Hier muss der Gesetzgeber sofort handeln.

Es ist überfällig, den Missbrauch durch 0180-Nummern zu unterbinden. Es ist deshalb richtig, dass Unternehmen mit einer 0180er Servicenummer zukünftig über den Preis der Gesprächsminute informieren, egal, ob der Anruf vom Festnetz oder vom Handy erfolgt. Viel zu lange wurden für die Verbraucher die Kosten verheimlicht.

Es ist überfällig, für Anrufe der 0180er-Nummern eine Preisobergrenze festzulegen. Derzeit liegen hier die Preise aus dem Mobilfunknetz bei dem fünf bis sechsfachen der Festnetzanrufer. Völlig unverständlich ist jedoch, warum die Bundesregierung nicht der Empfehlung der Verbraucherzentralen gefolgt ist, eine einheitliche Preisobergrenze von 10 Cent festzulegen. Nun wird der Verbraucher mit 14 Cent pro Minute zur Kasse gebeten, wenn er vom Festnetz anruft. Wenn er vom Handy telefoniert, ist es das Doppelte.

Es ist überfällig, dass ein Anbieterwechsel nun schriftlich bestätigt werden muss. Hier wurde in Tausenden Fällen Missbrauch betrieben, mit neuen Verträgen, die der Kunde angeblich bestellt hatte.

All diese Regelungen für den Telekommunikationssektor sind überfällig.
Ich sehe dies nicht als großen Erfolg. All dies sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Wir gehen auch nicht in den Supermarkt und kaufen ein, ohne zu wissen, was die Milch oder das Brot kostet. Und jeder würde es als absurd empfinden, wenn es gültige Rechtslage wäre, einen Mietvertrag abzuschließen, ohne dass der Mieter unterschreibt. Aber all dies war bisher in Bereichen der Telekommunikation möglich und wurde natürlich von windigen Geschäftemachern ausgenutzt.

Trotzdem reicht das, was die Bundesregierung hier tut, nicht aus.

Meine Damen und Herren von der Großen Koalition,
wenn sie ehrlich wären, würden sie einräumen, dass sie selbst diese Fehlentwicklungen mit der Liberalisierung des Telekommunikationssektors befördert haben.

Auch FDP und Grüne haben lange Zeit vom freien Wettbewerb gesprochen, der angeblich zum Nutzen der Verbraucher sei.

In kaum einem anderen Bereich ist der freie und ungeregelte Wettbewerb so weit vorgedrungen wie bei der Telekommunikation. Die Folge: der Zweck des Wirtschaftens in diesem Bereich besteht nicht darin, für den Bürger oder der Bürgerin ordentliche und vertrauensvolle Kommunikationsdienstleistungen zur Verfügung zu stellen, sondern darin, möglichst viel Geld zu verdienen. Anders sind die vielen Missbrauchsfälle nicht zu erklären.

Deshalb musste der Gesetzgeber in den Vergangenheit immer wieder neue Regelungen zum Verbraucherschutz erlassen. Bekämpft werden damit aber nur die Symptome.
DIE LINKE. trägt den Weg der Liberalisierung nicht mit und plädiert dafür, zu prüfen, einen solch wichtigen Bereich der Kommunikation in öffentliche Verantwortung zu übertragen.

Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Drucksachen 16/10731 "Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes" in der 178. Sitzung des Bundestages am 12. November 2008.