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Lärm macht krank!

Rede von Sabine Leidig,

Rede zur 11. Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste!

Wir Linken sind der Überzeugung, dass alle Menschen in diesem Land ein Recht darauf haben, vor krankmachendem Verkehrslärm geschützt zu werden.
Es ist gut, dass eine Forderung der Bürgerinitiativen gegen Bahnlärm nun endlich aufgegriffen wird. Die Regierungskoalition will den sogenannten Schienenbonus abschaffen, also den Bonus, dass der Lärm auf Bahnstrecken bisher lauter sein durfte als der auf Autobahnen. Aber wir werden diesen Gesetzentwurf trotzdem ablehnen.

(Sebastian Körber (FDP): Das ist ja ein Skandal!)

Dafür will ich drei Gründe nennen.
Erstens. Sie stehen derartig auf der Bremse, dass man nicht einmal von Schneckentempo reden kann; der Kollege hat es gerade schon angedeutet.
 
(Sebastian Körber (FDP): Das ist ein Skandal!)

Erst nachdem der nächste Bedarfsplan Schiene verabschiedet ist, soll die neue Regelung gelten. Das wird nicht vor 2016 der Fall sein. Realistischerweise wird vor dem Jahr 2020 keine einzige Bahnstrecke in Betrieb gehen, die leiser geplant wurde. Wir fordern, dass ab sofort keine Planung mehr ohne besseren Lärmschutz zulässig ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Das ist noch viel wichtiger: Sie lassen die Betroffenen völlig im Regen stehen, die an den bestehenden lauten Strecken wohnen. Da donnern immer mehr, immer schwerere, längere und lautere Güterzüge durch die Ortschaften, und zwar vor allem nachts; das haben Sie richtig gesagt. Da sind viele am Rand der Verzweiflung, weil normales Leben, weil Durchschlafen kaum noch möglich ist, weil die Häuser Risse von den Erschütterungen bekommen. Es gibt Ortschaften, die regelrecht verkümmern selbst übrigens am Fuß der schönen Loreley , weil viele wegziehen und immer weniger Touristen kommen.
Die bestehende Rechtslage gewährt relativ anspruchsvollen Lärmschutz an Verkehrswegen nur bei Neubau oder bei erheblichem Ausbau. Dieser Umstand wird übrigens immer wieder als Druckmittel verwendet, wenn sich Anwohnerinnen und Anwohner gegen den Ausbau von Straßen und anderen Verkehrswegen wenden. Lärmschutz wird nur in Aussicht gestellt, wenn mehr Verkehr akzeptiert wird.
Wir verlangen, dass alle Bürgerinnen und Bürger den gleichen Anspruch auf Lärmschutz haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Konkret: In den nächsten 20 Jahren sollen alle Straßen und Schienenwege so umgestaltet werden, dass niemand mehr darunter leidet. Die 20 Prozent der lautesten Strecken müssten innerhalb der nächsten fünf Jahre lärmsaniert werden. Damit hätten zum Beispiel die Menschen im Rheintal absehbar eine Perspektive und Hoffnung auf ruhigen Schlaf. Alles andere ist eigentlich unverantwortlich.

Mein dritter und letzter Punkt. Der zusätzliche Lärmschutz ist dieser Regierung keinen zusätzlichen Euro wert. Großzügig stellen Sie den Ländern frei, die Kosten dafür zu übernehmen. Natürlich begrüßen wir es, dass in Baden-Württemberg ein Programm zur Entlastung der Anwohner am Oberrhein finanziert wird. Aber für die Leute am Niederrhein sieht es zum Beispiel ganz anders aus, weil Nordrhein-Westfalen kein Geld dafür hat. Das geht nicht.

Wir haben beantragt, dass der Bund das Lärmsanierungsprogramm erheblich aufstockt. Das kostet vergleichsweise wenig, wenn man es mit den Milliarden vergleicht, die für die Zockerbanken überwiesen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Schienenwege brauchte man jährlich nur etwa 120 Millionen Euro. Das aber wären Investitionen in mehr Lebensqualität.

Ich komme zum Schluss: Die Linke hat ein alternatives Verkehrskonzept für Niedersachsen ausgearbeitet. Das habe ich druckfrisch mitgebracht. Es ist sehr schön geworden.

(Florian Pronold (SPD): Es ist auch umsetzbar und bezahlbar?)

Es heißt „Sattelfest und bahnverwachsen“. Das ist der programmatische Untertitel. Tatsächlich wollen wir viel weniger schädlichen Lkw-Straßenverkehr, und wir wollen mehr und besseren Bahnverkehr im ganzen Land, aber der muss leise sein.

(Zuruf von der FDP)

Im Zentrum unserer Verkehrspolitik stehen Mensch, Umwelt und Klima anstelle von Beton, Sprit und Profit.

(Beifall bei der LINKEN)