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Kreative haben mal wieder das Nachsehen

Rede von Sigrid Hupach,

Ich finde es schon sehr erstaunlich, wie Sie sich heute hier hinstellen und den vorliegenden Entwurf für eine Neugestaltung des Urhebervertragsrechts als Erfolg und Fortschritt verkaufen wollen, ohne dabei rot zu werden. Sie behaupten wider besseres Wissen, dass mit dem Gesetz die Position der Urheberinnen und Urheber und der ausübenden Künstlerinnen und Künstler gestärkt wird, sodass sie ihren Anspruch auf eine angemessene Vergütung besser durchsetzen können.

Der Gesetzentwurf hält aber bei Weitem nicht, was er verspricht. Noch schlimmer: Er bringt denen, die unter der fehlenden Vertragsparität bisher zu leiden hatten, überhaupt gar nichts.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Haben Sie nicht zugehört?)

- Ich werde Ihnen das gleich noch im Detail sagen.

Die Aktion „Auf Augenhöhe“, zu der unter anderem der Journalistenverband aufgerufen hatte und an der sich viele namhafte kulturschaffende Künstlerinnen und Künstler und Urheberinnen und Urheber letzten Mittwoch vor dem Reichstag beteiligten, hat das noch einmal ganz deutlich gemacht. Zentrale Aussage war: So richtig die Reformziele sind, so wenig taugen die Vorschläge, um sie zu erreichen. - So ist es. Der vorgelegte Gesetzentwurf schwächt die Position derer, denen er zu helfen vorgibt.

Das, was nötig wäre, stand in Ansätzen im Referentenentwurf aus Ihrem Haus. Sie wissen eigentlich, was zu tun ist, aber Sie sind vor der Verwerterseite und vor Ihrem Koalitionspartner eingeknickt.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Verheerend ist das vor allem, weil viele Kreative dringend auf wirksame Regelungen warten, damit sich ihre zum Teil erschreckend prekäre Lage endlich verbessert.

Meine Fraktion hat bereits in der letzten Legislatur einen Gesetzentwurf vorgelegt, der echte und weitgehende Lösungsvorschläge für den dringenden Reformbedarf unterbreitet hat. Es geht um faire Vergütung bzw. um ein gutes Einkommen, damit man von einer kreativen, schöpferischen Arbeit leben kann, und damit man für den Krankheitsfall, für Zeiten ohne Aufträge und für das Alter vorsorgen kann. Das Urhebervertragsrecht ist ein zentrales Instrument, um die Rahmenbedingungen genau dafür auszugestalten.

Ein wirklicher Fortschritt wäre das Gesetz, wenn sich darin der Grundsatz wiederfinden würde, jede Leistung zu vergüten. Der Gesetzentwurf versteckt sich stattdessen hinter der schwammigen Formulierung der Häufigkeit und fördert den Abschluss von Pauschalverträgen, statt sie zu unterbinden.

Ein Fortschritt wäre es auch dann, wenn darin eine Auskunftspflicht für die Werknutzer festgeschrieben würde. Der Gesetzentwurf beschränkt sich stattdessen auf einen nebulös formulierten und von verschiedenen Ausnahmen begleiteten Auskunftsanspruch, der zudem nur für Pauschalvergütungen über circa 100 Euro gilt, wie der Minister im März im Plenum zugeben musste. Damit wären aber fast alle freien Journalistinnen und Journalisten oder Fotografinnen und Fotografen ausgeschlossen, für die gerade die Auskunftspflicht wichtig gewesen wäre.

Einen Fortschritt gäbe es auch, wenn ein Rückruf- oder Kündigungsrecht gesetzlich verankert würde. Im Gesetzentwurf gibt es jedoch nur ein Zweitverwertungsrecht nach zehn Jahren, das zudem nur bei Pauschalvergütungen wirksam wird. Ein Fortschritt wäre auch, wenn ein starkes Verbandsklagerecht sichergestellt und Schlichtungsergebnisse für verbindlich erklärt würden. Aber auch hier laufen die Vorschläge im Gesetzentwurf ins Leere.

Angesichts der Debatte der letzten Monate muss man vielleicht auch mit einem Missverständnis aufräumen. Die Regelungen im Urhebervertragsrecht sollen als wirksame Druckmittel gestaltet sein, sodass die Verwerter genötigt sind, sich an den Verhandlungstisch zu setzen, gemeinsame Vergütungsregeln auszuhandeln und sich dann auch daran zu halten. Darin können die Rückruf- und Auskunftsrechte usw. anders und ganz bereichsspezifisch geregelt werden.

Sicher, man kann darin einen Eingriff in die Vertragsfreiheit sehen. Aber dieser Eingriff ist nötig,

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

um der strukturellen Ungleichheit und den zum Teil wirklich sittenwidrigen Verhältnissen entgegenzuwirken.

Es stehen sich eben nicht gleichberechtigte Verhandlungspartner gegenüber, sondern auf der einen Seite die häufig einzeln agierenden Kreativen - freie Schriftsteller, Journalistinnen, Filmemacher, Drehbuchautorinnen und andere - und auf der anderen Seite verhandlungsstarke Labels, Internetvertriebsformen, Sendeanstalten oder international agierende Verlagskonzerne, die den Print- wie den Onlinebereich zugleich bespielen.

Von Vertragsparität kann dabei überhaupt nicht die Rede sein. Zu unterschiedlich sind die Kräfteverhältnisse. Dies zeigte schon die bisherige Debatte um den Referentenentwurf. Die Verwerterseite hat sich einmal mehr durchgesetzt. Die Urheberinnen und Urheber und die ausübenden Künstlerinnen und Künstler haben das Nachsehen. Das kann und darf nicht so bleiben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)