Zum Hauptinhalt springen

Konjunkturpakete I und II nur Tropfen auf den heißen Stein

Rede von Roland Claus,

(Zu Protokoll gegebene Rede) von Haushaltsausschussmitglied und Ostkoordinator der Fraktion DIE LINKE, Roland Claus, zum Thema Transparenz bei Konjunkturpaketen am 2. Juni 2009

Die Fraktion DIE LINKE stimmt dem Antrag zu. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern, bei den Konjunkturpaketen I und II Transparenz sicherzustellen, um öffentliche Kontrolle über die Vergabe der Mittel zu ermöglichen. Es ist ein wichtiger Antrag. Seine Notwendigkeit schlägt mir bei jedem Gespräch, das ich in meinem Wahlkreis - dem Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt - führe, entgegen. Ob Bürgermeister aller Parteien oder Schuldirektorinnen und -direktoren, Unternehmerinnen und Unternehmer oder Vertreterinnen und Vertreter der Gewerkschaft - sie alle wissen ein Lied davon zu singen, wie undurchsichtig die Vergabepraxis bei den Mitteln aus den Konjunkturpaketen I und II ist.

Unsere Kritik an dieser Vergabepraxis geht freilich noch viel weiter, als das im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angelegt ist. Nicht nur, dass wir im Angesicht des Umfanges der Finanz- und Wirtschaftskrise, vor dem die Bundesregierung nach wie vor die Augen verschließt, das Volumen dieser Pakete für unangemessen niedrig halten. Wir meinen auch und vor allem, dass hier die große Chance eines politischen Paradigmenwechsels vergeben worden ist. Denn das ist es ja, was uns die Vergabepraxis jeden Tag überdeutlich vor Augen führt: Die beiden Konjunkturpakete sind ganz so, als sei die Krise nur ein kleines, schnell zu überwindendes Kriselchen, ein Instrument des einfachen „Weiter so“.

Gefragt aber ist ein Umsteuern! Und zwar ein radikales, ein an die Wurzeln gehendes, ein gründliches. Es glaubt doch mittlerweile kein Mensch mehr, dass man, indem man Mittel für die Gebäudesanierung bei Schulen bereitstellt, nicht nur der Krise in der Bauwirtschaft, sondern auch gleich noch der Krise im Bildungswesen beikommen kann! Und die hoch gelobte Abwrackprämie - es wird doch niemand ernsthaft behaupten wollen, dass sie mehr ist als ein Tropfen auf den heißen Stein. Nichts, aber auch gar nichts ist hier von einem Umsteuern zu spüren.

Und genau in dieses Schema des „Weiter so“ passt auch die Undurchsichtigkeit. In Sachsen-Anhalt hat die Landesregierung die Vergabe der Mittel monopolisiert. Sie handelt nach einem klassischen „Von-oben-nach-unten“-Schema. Und das ist ein Grundübel. Das Geld muss dorthin, wo die Menschen leben - also: in die Kommunen. Und der Anteil, der zentral geplant und vergeben wird, muss dorthin, wo er wirklich nachhaltig zu wirken vermag, also: in die Bildung, die Kinderbetreuung, die öffentliche Daseinsvorsorge. Und natürlich in die erneuerbaren Energien. Die Vergabepraxis hätte ein Ort breiter öffentlicher Debatte darüber werden können, wo das Steuergeld, aus dem die Konjunkturpakete ja bezahlt werden, tatsächlich so angelegt wird, dass es die Gesellschaft krisenfester macht.

Und ein Schritt in die richtige Richtung wäre auch - wir bleiben da hartnäckig! - die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes und die Aufstockung des ALG-II-Regelsatzes. Die Regierungskoalition verweigert sich einer solchen Art Konjunkturprogramm immer und immer wieder, und sie beweist damit nur, dass sie zu einem zeitgemäßen Umdenken nicht fähig ist. Die jetzige Krise hat ihre Ursache in einer ungehemmten Umverteilung von unten nach oben. Also muss nun endlich einmal von oben nach unten zurückverteilt werden. Die Undurchsichtigkeit der Konjunkturpakete ist ein überaus durchsichtiger Beitrag dazu, genau das zu verhindern.