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Kommunale Unternehmen brauchen Transparenz und demokratische Kontrolle

Rede von Katrin Kunert,

211. Sitzung des Deutschen Bundestages am Donnerstag, dem 29. November 2012
TOP 24: Entwurf eines Gesetzes der Fraktion DIE LINKE über Kapitalgesellschaften mit kommunaler Beteiligung
Drucksache: 17/11587
Katrin Kunert, Fraktion DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die Kommunen und ihre Bürgerinnen und Bürger verlieren zunehmend den Einfluss auf ihre Unternehmen. Der Umstand, dass kommunale Unternehmen mittlerweile überwiegend privatrechtlich betrieben werden, hat zur Folge, dass es immer schwieriger wird, diese Unternehmen demokratisch zu kontrollieren und unternehmerische Entscheidungsprozesse transparent zu machen. Häufig verfügen weder die Bürgerinnen und Bürger noch die kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger über ausreichende Informationen, um die Aktivitäten der kommunalen Unternehmen wirksam zu kontrollieren.


Dieses Thema war in der letzten Wahlperiode schon mal Gegenstand unserer Debatte. Seinerzeit hat sogar die FDP, die noch in der Opposition war, ein höheres Maß an Transparenz für kommunale Gesellschaften gefordert und einen entsprechenden Antrag eingebracht. Seit dem sie in der Regierung ist, verfolgt die FDP dieses Anliegen aber offensichtlich nicht weiter.


Mit dem derzeit zu beobachtenden Trend zu Rekommunalisierung wird die Bedeutung kommunaler Unternehmen in Zukunft noch ansteigen. Dabei stellt sich auch politisch verstärkt die Frage, welche kommunalen Unternehmen wir in Zukunft wollen und wie wir mit den ganz unterschiedlichen derzeit bestehenden Formen kommunaler Unternehmen umgehen?


Klar ist, dass öffentliches Eigentum allein nicht zwingend zu mehr Transparenz und demokratischer Kontrolle führt.


Wir als LINKE streiten für transparente kommunale Unternehmen, die in demokratisch legitimierte kommunalpolitische Strukturen eingebettet sind und bei denen die Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen demokratischen Einfluss auf die Unternehmenspolitik ausüben können. Diese Bedingungen ergeben sich nach unserer Auffassung bereits aus dem öffentlichen Zweck, den kommunale Unternehmen nach den einschlägigen Landesgesetzen erfüllen müssen.

Betrachtet man die derzeitigen bundes- und landesrechtlichen Rahmenbedingungen für kommunale Unternehmen, stellt man fest, dass es in Bezug auf Transparenz und demokratische Kontrolle große qualitative Unterschiede gibt. Eine große Rolle spielt dabei die Frage, ob ein kommunales Unternehmen in öffentlich-rechtlicher oder in privater Rechtsform betrieben wird.

Bei Regie- und Eigenbetrieben sowie bei Anstalten des öffentlichen Rechts sind mit unterschiedlichen Intensitätsgraden Einflussmöglichkeiten der kommunalen Organe gesetzlich vorgesehen, die immerhin eine gewisse demokratische Kontrolle ermöglichen. Bei kommunalen Unternehmen, die als Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung betrieben werden, vollzieht sich die unternehmerische Willensbildung in den jeweiligen Organen der Gesellschaft. Der Einfluss der demokratisch gewählten kommunalen Vertretung ist im Vergleich zu den kommunalen Unternehmen, die in öffentlich-rechtlicher Rechtsform betrieben werden, deutlich geringer.

Neben diesem Mangel an Einflussmöglichkeiten besteht bei privatrechtlichen Unternehmen auch ein Mangel an Transparenz bei der unternehmerischen Entscheidungsfindung. Die demokratische Kontrolle scheitert in der Praxis daher auch an mangelnder Information der kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger über die Vorgänge in den Unternehmen und an der Verschwiegenheitspflicht. Die Bürgerinnen und Bürger erhalten erst recht keine Informationen. Auch wenn Vertreter der Kommune beispielsweise im Aufsichtsrat einer kommunalen Aktiengesellschaft sitzen, unterliegen sie in vielen Fällen einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht. Darüber hinaus besteht bei kommunalen Unternehmen, an denen Private beteiligt sind, grundsätzlich ein Interessenkonflikt zwischen dem von der Kommune in erster Linie verfolgten öffentlichen Zweck und dem privaten Interesse, einen möglichst hohen Überschuss zu erzielen.


Wegen der soeben dargestellten Nachteile von privaten Rechtsformen für kommunale Unternehmen fordern die Vertreterinnen und Vertreter der LINKEN in den Kommunalvertretungen in der Regel, dass kommunale Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Form betrieben werden. Wir können aber nicht die Augen davor verschließen, dass eine Vielzahl der bestehenden kommunalen Unternehmen in privater Rechtsform betrieben wird und eine Umwandlung in eine öffentlich-rechtliche Form nicht immer ohne Weiteres möglich ist. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen Private an den Unternehmen beteiligt sind. Es gilt daher auch für diesen Bereich ein Mindestmaß an Transparenz und demokratischer Kontrolle zu schaffen.


Die sprichwörtliche Flucht ins Privatrecht darf nicht zu einer Flucht vor den demokratisch gewählten Gremien in den Kommunen und ihrer Bürgerinnen und Bürger werden.
Abhilfe kann hierbei nur auf Bundesebene geschaffen werden. Die Kommunalverfassungen der Länder enthalten zwar bereits weitergehende Anforderungen an die Transparenz und die demokratische Kontrollierbarkeit kommunaler Unternehmen, diese Regelungen können aber wegen dem derzeitigen Gesellschaftsrecht des Bundes nicht zur Anwendung kommen.
DIE LINKE fordert in dem vorgelegten Gesetzesentwurf die gesetzlichen Rahmenbedingungen von kommunalen Unternehmen in privater Rechtsform im Rahmen des verfassungsrechtlich Möglichen in drei wichtigen Fragen zu ändern.

1. Die demokratisch gewählten kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger werden in ihren Einflussmöglichkeiten auf die kommunalen Unternehmen gestärkt.
2. Anstelle der bisher bestehenden Verschwiegenheitspflichten treten höhere Transparenzanforderungen, um sowohl die kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern als auch die Bürgerinnen und Bürger effektiv in die Lage zu versetzen, die Aktivitäten ihrer kommunalen Unternehmen zu kontrollieren.
3. Bei kommunalen Unternehmen, an denen Private beteiligt sind, wird das Interesse des öffentlichen Zwecks gegenüber dem privaten Interesse, Überschüsse zu erzielen, gestärkt.


Vielen Dank.