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Klaus Ernst: Kurzintervention zur Sachgrundlosen Befristung

Rede von Klaus Ernst,

Frau Präsidentin, recht herzlichen Dank. – Ich muss ein paar Bemerkungen machen. Ich wollte einfach nur sagen, Herr Oellers, dass es meines Erachtens inakzeptabel ist, der Wirtschaft menschliche Fähigkeiten zuzusprechen. Atmen tun Menschen und Tiere, nicht Fabriken und auch nicht die Wirtschaft.

(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Die Wirtschaft besteht aus Menschen!)

Aber wenn man so einen Ansatz wählt, kommt man natürlich auch zu völlig falschen Schlussfolgerungen. Herr Oellers, die Zahl der Arbeitslosen ist gering; da haben Sie recht. Aber haben Sie sich schon einmal angeschaut, wie viele Arbeitsstunden aufgrund von Befristungen eigentlich mehr geleistet worden sind? Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden ist annähernd gleich geblieben. Was sich verändert hat, ist die Verteilung. Früher waren viele Menschen arm ohne Arbeit. Heute sind sie arm trotz Arbeit. Das ist ein Problem, das wir lösen müssen. Eine Schwierigkeit dabei ist die Befristung von Beschäftigung.

Etwas, was gesagt worden ist, ist völlig falsch – ich kann es nicht stehen lassen –: Sie haben behauptet, das einzige Flexibilisierungsinstrument, das die Unternehmer hätten, sei befristete Beschäftigung. Herr Oellers!

(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Falsch zugehört!)

– Oder das letzte, das noch ungeregelt ist. Was ist denn das für eine Behauptung! Herr Oellers, es gibt doch das Instrument der Probezeit. Ich weiß überhaupt nicht, wozu es gut ist, die Probezeit immer weiter auszudehnen und daraus eine befristete Beschäftigung zu machen.

Herr Schiewerling, vom Alter her gehören wir zur selben Kohorte. Zu der Zeit, als wir eine vernünftige Ausbildung durchlaufen haben, war völlig klar: Wir bekommen nach der Ausbildung einen unbefristeten Job. So etwas gibt es heute fast nicht mehr. Viele Menschen werden nur noch befristet eingestellt.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das stimmt auch nicht!)

Das ist genau das Problem: Die Probezeiten, die es früher gab, sind durch befristete Beschäftigungsverhältnisse immer weiter ausgedehnt worden. Es gibt die Möglichkeit flexibler Arbeitszeiten. Es gibt auch die Möglichkeit der Leiharbeit. Wie viel Flexibilität wollen Sie denn noch?

Wir müssen, wie Herr Schiewerling gesagt hat, die Leitplanken stärken und enger setzen, weil die Menschen sonst tatsächlich entgrenzt werden. Ich bedauere sehr, dass Sie in Ihrem Weltbild eher von der atmenden Wirtschaft als von atmenden Menschen sprechen. Ich hoffe, Sie werden im Laufe Ihres Lebens da noch zu vernünftigen Schlussfolgerungen kommen.

(Beifall bei der LINKEN)