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Kinderrechte in der Verfassung stärken

Rede von Diana Golze,

- Es gilt das gesprochene Wort. -

Sehr geehrte/r Präsident/in, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Mitglieder der Fraktion die Grünen!

Ich weiß nicht so recht, ob ich mich über die heutige Debatte freuen soll oder nicht. Zum einen ist es mir und meiner Faktion wichtig, dass über Kinderrechte diskutiert wird und noch wichtiger wäre es uns, wenn sie endlich eine gesetzliche Grundlage bekämen. Zum anderen bleibt aber die Frage, ob wir mit der Kommission zur Wahrnahme der Belange der Kinder nicht einen von allen Fraktionen getragenen Antrag hätten einbringen und damit deutlicher machen können, welche Bedeutung die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz für die Mitglieder des Deutschen Bundestages hat.

Vielleicht haben ja unsere Kollegen von der Fraktion die Grünen ein wenig die Geduld verloren. Die jahrelangen Debatten um die Rücknahme der Vorbehalte gegenüber der UN- Kinderrechtskonventionen und die zuweilen schon taschenspielertrickartigen Verrenkungen um die Verschiebung der Debatte darum, die immer wieder zu einer Nichtbehandlung geführt haben, lassen auch mich diese Ungeduld ein wenig verstehen. Schade hingegen ist, dass die Fraktion den Druck nicht über die Kinderkommission des Bundestages mit ausübt und intensiver um einen interfraktionellen Antrag gerungen hat.

Nicht verstehen aber kann ich, warum man mit diesem Antrag soweit hinter dem zurückbleibt, was bereits von Deutschland ratifiziert wurde - die UN-Kinderrechtskonvention - und dass man in diesem Antrag nicht auch die Rücknahme der Vorbehalte als eine grundlegende Voraussetzung für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz einfordert.

Es sind viele Dinge, die mir in diesem Antrag fehlen und an manchen Stellen wirkt er auf mich, als wollten die Kolleginnen und Kollegen die Rolle der Kinderkommission übernehmen und unterbreiten hier einen von mehreren Fraktionen ausgearbeiteten und ausgehandelten Kompromissvorschlag.

Da dem - leider - nicht so ist, frage ich mich, warum Sie dann nicht die politischen Vorstellungen Ihrer Fraktion mit dem Antrag einbringen - oder sind sie das etwa schon?
Dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, hätten Sie wohl doch besser auf einen Antrag der Kinderkommission warten sollen!

Denn dass sich in einem Antrag der Fraktion der Grünen die elementaren Forderungen aus der Kinderrechtscharta nicht konkret und deutlich wiederfinden, ist mehr als traurig.
Stattdessen finden Sie Formulierungen, bei denen die Bundesregierung unheimlich viel Spielraum in der Ausgestaltung bekommt. Und Sie fordern Dinge, die sich dieses Parlament hat aus der Hand nehmen lassen - nämlich mit der Föderalismusreform 1, die unter anderem die Handlungsmöglichkeiten des Kinder- und Jugendhilfegesetzes stark beschneidet und die Kompetenzen des Bundes weiterhin schwächt.

In einem anderen Antrag, den Sie auch im Frühjahr diesen Jahres verfasst haben und in dem es um ein elementares Recht geht, kann man nachlesen: "Politik für Kinder und Jugendliche kann nur wirksam und glaubhaft sein, wenn sie eine Politik mit ihnen ist." Dass setzt voraus, dass man das Recht auf Gleichheit und das Recht auf Partizipation klar und deutlich formuliert.

Ich kann aber leider genau diesen Ansatz in der nötigen Klarheit formuliert in Ihrem Antrag zu den Kinderrechten nicht finden.
Es ist aber genau das Recht auf Teilhabe und Mitbestimmung, was diese Grundgesetzänderung so wichtig macht. Es ist eben genau diese Forderung, die Kindern ermöglich soll, ihre Bedürfnisse und Forderungen klar und deutlich formulieren zu können und die sie in die Lage versetzen kann, diesen auch Nachdruck zu verleihen.
Dies in der Feststellung Ihres Antrags deutlich herauszustellen, wäre eine Grunderwartung an die Grünen von mir gewesen.

Es wäre auch eine Grunderwartung gewesen, dass man der Bundesregierung klar die Ausrichtung dessen zeigt, was im Grundgesetz verankert sein soll. Doch hier bleibt der Antrag verschwommen. Eine klare Position wäre doch gewesen, die konkreten Kinderrechte, die Sie verfassungsrechtlich geschützt wissen möchten, im Antrag zu benennen. Stattdessen folgen Sie der Regierungslogik und werden einzig an einer Stelle konkret, nämlich beim Kindesschutz. Diese Logik ist aber zu kurz gegriffen.

Kinder brauchen ein Gemeinwesen, dass aktiv Verantwortung für ihr Aufwachsen übernimmt, das ihre Bedürfnisse erfüllt. Dazu aber müssen Kinder das Recht auf die Teilhabe an allen Ressourcen haben, die dieses Gemeinwesen bietet: also Recht auf Gleichheit!

Dazu müssen Kinder und Jugendliche auch die Möglichkeit haben, ihre Bedürfnisse zu artikulieren und dies an den Orten und Stellen, wo die sie betreffenden Entscheidungen getroffen werden: also Recht auf Partizipation und Mitbestimmung!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Vertreter der Bundesregierung!

Der Antrag zur Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz ist ein wichtiger und richtiger Ansatz, weil er dem nachkommt, was die Kinder in der Bundesrepublik brauchen.

* Meine Hoffnung ist, dass der Gesetzentwurf den Charakter bekommt, der die Realität der Kinder in unserem Land wirklich zu einer kinderfreundlichen werden lässt.

* Meine Hoffnung ist, dass es ein Gesetzentwurf im Sinne der UN - Kinderrechtskonventionen wird.

* Meine Hoffnung ist, dass es in diesem Hause eine Mehrheit gibt, Kinder nicht nur als kleine Erwachsene, sondern als eigenständige Persönlichkeiten zu betrachten.

Vielen Dank.