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Kinderlärm ist keine Belästigung

Rede von Sabine Stüber,

Rede in der Plenarsitzung am 11.11.2010 zum TOP 8 Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Vorrang für Kinder – Auch beim Lärmschutz“ >Drucksache 17/2925>

Auszug aus dem Stenografischen Bericht.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Jetzt hat Sabine Stüber das Wort, die es vorzieht, mit uns gemeinsam ihren Geburtstag zu feiern. Dazu gratulieren wir herzlich.

(Beifall)

Sabine Stüber (DIELINKE):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kinder brauchen einen Freiraum, in dem sie spielen, rennen, toben können. Das gehört zu einer gesunden Entwicklung. Und es kann auch laut sein. Bei dem französischen Philosophen und Pädagogen Rousseau hörte sich das im 18. Jahrhundert so an: „Die Natur will, daß die Kinder Kinder seien, ehe sie Erwachsene werden.“ In einem japanischen Sprichwort heißt es: „Kinder, die schreien, werden groß.“ Vergangene Zeiten, verschiedene Kulturkreise – und doch wusste man, was Kinder brauchen.

Bei uns hingegen bedarf es einer gesetzlichen Klärung, damit Kinderlärm nicht mehr als schädliche Umweltauswirkung für Nachbarn bewertet werden darf. Einen Beschluss des Bundestages gibt es dazu seit über einem Jahr. Für Anwohner sollen Klage gegen Kitas oder Spielplätze schwieriger werden. Betreiber von Kindereinrichtungen brauchen dringend Rechtssicherheit. Noch ist aber nichts passiert. Noch erhalten Kitas in Wohngebieten jede Menge Auflagen. Bis hin zur Schließung ist alles möglich, wenn Anwohner sich belästigt fühlen. Mit dem Kinderfördergesetz sollen bis 2013 familienfreundlichere Bedingungen geschaffen werden. Dazu sind mehr Betreuungsplätze die Voraussetzung. Eine Kindertagesstätte, ein Spielplatz vor der Haustür: Wie würde dadurch der Alltag für Eltern und Kinder erleichtert werden?

In dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen werden alle guten Ansätze der verschiedenen Fraktionen, die in den letzten zwei Jahren zum Thema Kinderlärm eingebracht wurden, zusammengefasst. Ergänzend sollen Spielflächen schon bei der Planung berücksichtigt werden. Das befürworten wir als LINKE voll und ganz.

(Beifall bei der LINKEN)

Mögliche Konflikte sollen durch die Beteiligung der Betroffenen im Vorfeld geklärt werden. Auch das unterstützen wir. Trotzdem frage ich mich, warum Kinderlärm eine so große Belastung ist. Verkehrslärm ist mit Abstand unerträglicher.Was ist los in diesem Land? Warum wird es Familien immer noch so schwer gemacht? Die überalterte Gesellschaft fühlt sich von den Kindern, die später die Renten erarbeiten sollen, belästigt? Das ist doch verkehrte Welt.

(Beifall bei der LINKEN sowie Abg. Daniela Raab [CDU/CSU])

Natürlich nerven Kinder auch mal, aber sie sind die Zukunft unserer Gesellschaft. Viele Menschen in unserem Land sehen das genauso. Belästigt fühlen sich nur einige.

Im Auftrag des Onlineportals Immowelt wurden kürzlich 1042 Personen befragt. Die Toleranz gegenüber tobenden Kindern ist größer als man denkt: Für 86 Prozent der Befragten gehört Lärm, der durch Kinder entsteht, zum Leben einfach dazu. Ein weiteres Ergebnis ist allerdings, dass 19 Prozent der sogenannten Besserverdienenden dafür kein Verständnis haben. Rund rund ein Drittel davon leben in kinderlosen Haushalten. Genau für diese Klientel sind dann auch solche Inserate gedacht: Kinderlärm?: Anwälte leisten telefonische Rechtsberatung sofort: 8 bis 24 Uhr! -Lassen Sie uns dafür sorgen, dass sich solche Angebote bald erübrigen.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ute Voigt [SPD])

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Das Wort hat Daniela Raab für die CDU/CSU-Fraktion.