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Foto: Rico Prauss

Keine Lex Wulff – Ruhebezüge von Bundespräsidenten angemessen regeln

Rede von Dietmar Bartsch,

Debatte im Bundestag zum SPD-Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten.

Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, die Ruhebezüge des Bundespräsidenten neu zu regeln. Die Regelung, die wir haben, stammt aus dem vorigen Jahrhundert. Allein schon die Bezeichnung „Ehrensold“ reicht, um das zu erkennen. Das kann man wirklich nicht akzeptieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Hartmann hat darauf hingewiesen: Die Regelung ist aus dem Jahre 1959. Bis zu den Haushaltsberatungen habe ich gar nicht gewusst, wie die Regelung entstanden ist. Das war ja eine reine Regelung Lex Adenauer. Das alles ist für den damaligen Kanzler Adenauer gemacht worden, um ihn irgendwann mit einer hohen attraktiven Entschädigung loszuwerden. Deswegen war das für mich auch eine Lehrveranstaltung.

Was wir jetzt aber nicht machen dürfen, ist, eine Lex Wulff zu verabschieden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir können doch nicht aufgrund des Anlasses, der sich in diesem Jahr ergeben hat, jetzt auf einmal eine Lex Wulff verabschieden. Es gibt ein laufendes Verfahren gegen Herrn Wulff. Das sollten wir vielleicht irgendwie berücksichtigen. Eine parteipolitische Instrumentalisierung an dieser Stelle finde ich wirklich nicht angebracht.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es stimmt schlichtweg, dass die zeitliche Nähe zur Landtagswahl in Niedersachsen Herr Wulff war da ja mal Ministerpräsident und kommt dorther einen schalen Beigeschmack hat. Gerade aufgrund des Verhaltens von Wulff ist diese Instrumentalisierung hier im Deutschen Bundestag ein wirkliches Problem. Dieses wichtige Thema können wir eben nicht wahlpolitisch instrumentalisieren.

(Beifall des Abg. Manfred Grund (CDU/CSU) Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD): So staatstragend habe ich Sie ja noch nie gehört!)

Ich bin jemand, der gerne auch sehr deutliche und sehr scharfe Attacken gegen die politischen Konkurrenten fährt das ist überhaupt keine Frage , aber ich sage ganz klar: Bei diesem Thema ist das wirklich falsch.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde das sage ich auch im Namen meiner Fraktion , wir sollten zeigen, dass das Parlament in der Lage ist, dieses wichtige Problem zu lösen.

(Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD): Wir haben ja etwas vorgelegt! Wo sind denn eure Vorschläge?)

Das ist die Aufgabe. Ansonsten erzeugen Sie nämlich nicht einen kurzen parteipolitischen Erfolg, sondern Politikerverdrossenheit. Das wird Ihnen keinen kleinen Erfolg bringen, sondern uns allen hier im ganzen Haus schaden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ja wirklich komisch, dass Sie die Bezüge des Bundespräsidenten neu regeln wollen, aber die der ehemaligen Bundeskanzler nicht.

(Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD): Ja, dann macht doch einen Vorschlag!)

Hier kann man schon auf die Idee kommen: Die einen kommen mehr von der CDU und der FDP, die anderen mehr von der SPD. Das hat eine kleine Tendenz; der eine oder andere könnte das jedenfalls denken.

Ich würde jetzt ganz gerne zum Gesetzentwurf selbst noch etwas sagen.

(Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD): Ja!)

Ich habe eine Frage: Wieso entscheidet eigentlich das Bundespräsidialamt darüber sollten wir nachdenken , ob der ehemalige Bundespräsident Altersbezüge bekommt oder nicht. Ich finde, das können wir nicht so lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier sollten wir eine unabhängige Entscheidungsinstanz schaffen, damit jemand unabhängig entscheiden kann, ob er sie bekommt oder nicht.

Es ist schon erstaunlich, dass wir diese Debatte hier führen. Ich will einmal ein anderes Beispiel nennen: Der ehemalige Chef der HRE, Herr Wieandt, bekommt nach 18 Monaten Tätigkeit bei der HRE ab dem 60. Lebensjahr rund 240 000 Euro Rente.

(Lachen der Abg. Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das ist jetzt ein bundeseigenes Unternehmen. Warum gibt es eigentlich keine Gesetzesinitiative dafür, dort etwas zu verändern?

(Beifall bei der LINKEN Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD): Machen Sie doch eine!)

Weil das gerade in den Zeitungen steht, machen wir das jetzt ganz neu zum Thema. Darum sollten wir uns auch kümmern; denn das ist natürlich ein ähnliches Problem.

(Petra Merkel (Berlin) (SPD): Nicht reden, sondern machen!)

Eines will ich ganz klar sagen: Ich stimme Ihnen zu das ist vernünftig , dass ein Bundespräsident nach seinem Ausscheiden nicht weiterhin 100 Prozent seiner Bezüge bekommen kann. Es ist ja nirgendwo so, dass man nach seinem Ausscheiden weiterhin 100 Prozent seiner Bezüge erhält. Ich bin sehr dafür hier sollten wir uns einigen , dass er nach dem Ausscheiden aus seinem Amt etwas weniger bekommt, weil er dann ja auch nicht mehr die entsprechenden Aufgaben hat. Das gehört zur Normalität.

Man sollte auch das Alter berücksichtigen das ist völlig klar , sodass er dann, wenn er wirklich in Rente geht, andere Bezüge bekommt. Wenn man das aber von der Amtszeit abhängig machen würde, dann entstünde natürlich die Situation, dass man möglichst zwei Amtsperioden im Amt sein will. Das ist diesem Amt nicht wirklich angemessen.

Ich sage ganz klar: Wir sollten keine Lex Wulff schaffen. Das ist auch Herr Wulff nicht wert.

(Zuruf von der CDU/CSU: Na, na!)

Lassen Sie uns im Sinne des Amtes eine einvernehmliche Lösung des ganzen Hauses finden. Damit würden wir in dieser Diskussion wirklich einen Schritt nach vorne machen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des