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Kein Rettungsschirm für Kriegstreiber und Rüstungsexportbarone

Rede von Sevim Dagdelen,

Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, Edelgard Bulmahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) weiterentwickeln und mitgestalten (BT-Drs. 17/7360)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

erst gestern nötigten die Kollegen der SPD-Fraktion gemeinsam mit den Grünen und der Regierungskoalition von CDU, CSU und FDP die Menschen in Deutschland die Haftung für einen "gehebelten" Bankenrettungsschirm zu übernehmen. Heute wirbt die SPD für einen Rettungsschirm für die Kriegstreiber und Rüstungsexportbarone in Deutschland. Nachdem die deutsche Lohndumping- und Exportüberschusspolitik maßgeblich die Krise in Europa verursacht hat, verschrieben die Kollegen von der SPD nun auch die Deutsche Europapolitik als Panaceum zur Rettung des außen- und verteidigungspolitische Versagens der EU. Doch auch die politisch und praktisch gescheiterte Militärpolitik der EU kann am deutschen Wesen nicht genesen.

Es ist schlicht unfassbar, wie heute, trotz der verheerenden Folgen der Finanzkrise, die weltweit mit unvergleichlichem Elend, Armut und Sozialabbau einhergeht, die SPD-Fraktion ohne jegliche Skrupel und Hemmungen, einen Antrag in den Deutschen Bundestag einbringt, der -wie sie selbst schreibt- die "Krise der Staatsfinanzen in vielen EU-Mitgliedsländern als Chance nutzen" will, um "den Zerfall der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik" zu verhindern.

Wer schon immer wissen wollte, was "schöpferische Zerstörung" bedeutet, der findet in dem SPD-Rezept tatsächlich einen Leitfaden wie die vorsätzliche Zerstörung gesellschaftlicher Substanz als Beschleuniger einer militärischen Kernschmelze missbraucht werden kann meine Damen und Herren. Die SPD braucht offensichtlich eine solche Kettenreaktion von kapitalistischen Verwerfungen um der "europäischen Gründungsnation", für die sie unverhohlen wirbt, zur globalen Verwirklichung ihres politischen Willens zu verhelfen.

Vor dem Hintergrund der historischen Verantwortung, die Deutschland für seine Militarismuspolitik auf seinen Schultern trägt, klingt der triumphale Ton, der Duktus und der Ruf der SPD nach "globaler Mitverantwortung" wie eine Drohung. Eine Drohung gegen die am meisten von der Bankenkrise betroffenen Staaten und Menschen, die dagegen derzeit weltweit aufbegehren. Hinter ihren Krokodilstränen über die europäische Krise, die die SPD-Fraktion in ihrem Antrag ja selbst als "Krise der europäischen Einigung" beschreibt, steckt die gleiche Schadenfreude und die gleiche heuchlerische Europapolitik, wie hinter ihrer angeblichen Sorge um die Stabilität und Sicherheit der Europäischen Union und die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Ihnen geht es nicht um Stabilität oder Sicherheit meine Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Vielmehr haben sie erkannt, dass für eine durchsetzungsfähige Außen- und Sicherheitspolitik die bloße Feststellung, dass Deutschland die "größte Volkswirtschaft Europas" sei, eben keine garantiert ausfallsichere Kapitalanlage darstellt. Ihre eigentliche Sorge, die im Übrigen von den Kollegen der CDU, CSU und FDP und der Grünen geteilt wird - das wurde ja in der zu Protokoll gegebenen Plenardebatte zur Einrichtung einer Interparlamentarischen Konferenz zur GASP/GSVP der EU im Beitrag des Kollegen Kiesewetter deutlich, gilt vielmehr, der Furcht als zu spät kommender, von der Geschichte bestraft zu werden. Und in der Tat wurde nach dem Verteidigungsabkommen zwischen Frankreich und Großbritannien vom November 2010 deutlich, dass Deutschland offensichtlich einen untergeordneten Ansprechpartner für Sicherheitspolitik in Europa darstellt. Aus der Sicht der USA aber auch in NATO-Kreisen setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Deutschland in Bündnisfragen kein herausragendes Gewicht mehr zukommt.

Das scheint in der gegenwärtigen Krise, dass einzige zu sein was sie als schmerzhaft empfinden. Und es nützt gar nichts, dass sie in ihrem Antrag grade um die Unterstützung des Nachbarstaates Polen für ihren deutschen Sonderweg buhlen. Aus friedensorientierter Perspektive ist vielmehr entscheidend, dass in beiden Fällen an einer Militarisierung der Sicherheitspolitik genauso festgehalten wird. Aus Sicht der Friedenspolitik stellen beide Projekte keine Alternative dar und DIE LINKE lehnt beide vehement ab.

Sie von der SPD werben um einen neuen Burgfrieden mit der Bundesregierung. Ihr Ziel ist, dass trotz der Finanzkrise die militärischen Fähigkeiten der EU, Rüstungsexporte und eine Europäische Armee unter der "gestalterischen Kraft" Deutschlands für die EU verbindlich festgezurrt wird. Sie schlagen für Europa einen nationalen und klar militaristischen Sonderweg vor, den der "politische Wille" Deutschlands verwirklichen soll. Das ist eine Sackgassen-Politik deutschen Dominanzstrebens in sicherheitspolitischen Fragen die DIE LINKE entschieden ablehnt! Nicht zuletzt auch angesichts der gegenwärtigen Krise zeugen diese Vorschläge von einer völligen Fehleinschätzung der tatsächlichen globalen Probleme. DIE LINKE findet das inakzeptabel und wird sich mit aller Kraft einer weiteren Versicherheitlichung und Militarisierung der sozialen Probleme innerhalb der GASP und GSVP wiedersetzten.

Während in diesen Tagen weltweit Tausende von Menschen auf die Straße gehen und öffentliche Plätze in Madrid, Rom, New York oder Berlin besetzen muss die deutsche Politik endlich Konsequenzen aus der gescheiterten europäischen Militärpolitik ziehen. DIE LINKE stellt sich allen Versuchen in den Weg um die, wie dies die SPD-Fraktion in ihrem Antrag fordert "wirksame Antworten auf die Herausforderungen an den Rändern Europas", in militärischen und polizeilichen Werkzeugkästen der GSVP zu suchen. Deutschland trägt durch seine verfehlte Handelspolitik maßgeblich Verantwortung für die "Krisen und Konflikte in der unmittelbaren Nachbarschaft" der Europäischen Union.

Die von den Sozialdemokraten bislang gehätschelten Banken und Zockerbuden, die Profiteure der Eurokrise müssen endlich zur Kasse gebeten werden. Der berechtigte Protest gegen sie darf nicht militärisch oder sicherheitspolitisch eingehegt werden. Dafür setzt sich DIE LINKE ein.