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Kein NATO-Beitritt Montenegros!

Rede von Alexander S. Neu,

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Montenegro soll also der NATO beitreten. Damit wird die NATO ein weiteres Mal ihren Einfluss- und Kontrollbereich erweitern, hier um ein Balkanland. Die NATO-Erweiterung insgesamt ist einem politischen Ansatz geschuldet, der davon ausgeht, dass Sicherheit in Europa ohne Russland oder vielleicht auch gegen Russland möglich und wünschenswert ist. Es ist ein konfrontatives Sicherheitskonzept.

Es geht aber auch anders, und zwar mit einem kooperativen Sicherheitskonzept, das vorsieht, Sicherheit in Europa mit Russland herzustellen. Das ist nachhaltiger.

(Karl-Heinz Wange [CDU/CSU]: Ukraine!)

Nach den Verlautbarungen der CDU oder der SPD, also der Regierungsparteien, favorisieren sie sogar das kooperative Sicherheitskonzept,

(Karl-Heinz Wange [CDU/CSU]: Das sieht man an der Ukraine!)

zumindest verbal.

So heißt es beispielsweise in dem außenpolitischen Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion vom Juli 2016 – ich zitiere –: „Stärke zeigen allein genügt nicht“. – Was für eine Einsicht! – „Für eine glaubwürdige und kooperative Sicherheits- und Friedenspolitik in und für Europa“.

Auch Kanzlerin Merkel steht dem nicht hinterher. In ihrer Regierungserklärung vor dem NATO-Gipfel in Warschau sagte sie – ich zitiere –:

"Wir als NATO-Partner sind uns einig, dass dauerhafte Sicherheit in Europa nur mit und nicht gegen Russland zu erreichen ist."

Schöne Worte.

Die Wirklichkeit sieht anders aus, sehr geehrte Damen und Herren. Da tun Sie genau das Gegenteil. Statt einer friedensichernden, statt einer sicherheitspolitischen Kooperation bauen Sie den NATO-Einflussraum aus, zum Beispiel mit Hilfe der NATO-Osterweiterung. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist nichts anderes als primitive Geo- und Machtpolitik, die Sie hier betreiben.

(Beifall bei der LINKEN – Karl-Heinz Wange [CDU/CSU]: Warum überlassen Sie die Entscheidung nicht einfach Montenegro? Das ist ein souveräner Staat!)

– Hören Sie einfach einmal zu! – Montenegro ist ein Staat mit der Einwohnerzahl von Düsseldorf. Ich bin im Sommer dieses Jahres mit der Kollegin Höger nach Montenegro geflogen. Wir haben uns dort mit politischen Parteien und Vertretern der Zivilgesellschaft getroffen.

Ergebnis: Montenegro ist ein zutiefst zerrissenes Land zwischen NATO-Gegnern und NATO-Befürwortern. Die Oppositionsparteien und auch zivilgesellschaftliche Gruppen haben uns erklärt, dass die Mehrheit der Menschen gegen einen NATO-Beitritt und für die Neutralität Montenegros sei. Aber einen Volksentscheid darüber lehnt das autoritäre Djukanovic-Regime ab – er ist zwar jetzt nicht mehr Ministerpräsident, aber das Regime ist nach wie vor an der Macht –, wohl wissend, dass dieses Referendum in einer Niederlage enden würde und ein NATO-Beitritt passé wäre.

Die parlamentarische und die außerparlamentarische Opposition gegen den NATO-Beitritt sind Repressionen ausgesetzt. Der Sprecher der NGO „Nicht in die NATO“ – so heißt diese Organisation – wurde von der Polizei misshandelt. Andere werden willkürlich verhaftet. Was sagt der Westen? Was sagt Berlin dazu? Man drückt wieder einmal alle Augen zu.

Die „Bewegung für Neutralität“ Montenegros – auch eine NGO – verfügt über Informationen von WikiLeaks,

(Niels Annen [SPD]: WikiLeaks: Das ist sehr seriös!)

nach denen klare Anweisungen aus Washington, Brüssel und Berlin kommen, wie eine effektive Öffentlichkeitsarbeit gemacht werden kann, um die Stimmung in Montenegro zugunsten der NATO umzudrehen. So soll die Bevölkerung, die noch vor 17 Jahren von der NATO bombardiert wurde, jetzt dazu gebracht werden, die NATO lieb zu haben. Das ist unfassbar, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Unser Fazit ist: Die Äußerungen der CDU und der SPD zur kooperativen Sicherheitspolitik bleiben Lippenbekenntnisse; denn die NATO-Osterweiterung ist ein geo- und sicherpolitisches Konfrontationsprojekt, das weiter vorangetrieben wird. Montenegro fehlt als letzter Staat der europäischen Mittelmeeranrainer, um das nördliche Mittelmeer zum NATO-Meer zu machen. Dafür schaut man auch großzügig über die Verletzung westlicher Werte hinweg – wie so häufig, wenn es um Interessen und Machtpolitik geht, siehe Türkei.

Wir als Linke fordern ein Umdenken. Beenden Sie die NATO-Osterweiterung, und fangen Sie endlich mit einem Kurswechsel an! Beginnen Sie mit einer ehrlichen sicherheitspolitischen Kooperation für den gesamten europäischen Kontinent!

Danke.

(Beifall bei der LINKEN – Karl-Heinz Wange [CDU/CSU]: Die Rede wäre besser zu Protokoll gegangen!)