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Kein kurzer Prozess mit Mali!

Rede von Jan van Aken,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Herr Mißfelder von der CDU/CSU hat gerade der Linken vorgeworfen, ein gestörtes Verhältnis zu Israel zu haben.

(Zurufe von der CDU/CSU: Richtig! - So ist das!)

Sie irren. Ich glaube eher, Sie alle, die Sie jetzt hier johlen, haben ein sehr gestörtes Verhältnis zum Krieg.

 

(Beifall bei der LINKEN ‑ Johannes Kahrs (SPD): Das ist doch peinlich!)

 

Wenn irgendwo Bomben fallen, wenn irgendwo Menschen sterben, dann werden wir nicht schweigen. Ich finde, einer Partei, Herr Mißfelder, die das Wort „christlich“ in ihrem Namen trägt, würde es gut zu Gesicht stehen, kritisch auch diejenigen zu begleiten, die Bomben werfen.

 

(Beifall bei der LINKEN ‑ Zuruf von der CDU/CSU: Heuchler!)

 

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Deutschland keine Waffen mehr exportieren sollte; das wissen Sie.

 

(Michael Brand (CDU/CSU): Ablenkungsmanöver!)

 

Ich glaube, es gibt sehr viele gute Gründe gegen Waffenexporte. Viele davon sehen wir gerade ‑ wie in einem Brennglas ‑ in Mali. Wir sehen zum Beispiel Fotos von Waffen der malischen Rebellen, und da sehen wir natürlich auch das deutsche G-3-Gewehr.

 

Stellen Sie sich jetzt einmal Folgendes vor: Deutschland beliefert das Land Katar mit Waffen. Katar beliefert die malischen Rebellen mit Waffen. Gegen die malischen Rebellen kämpft Frankreich. Die Franzosen wiederum unterstützt Deutschland. Und Deutschland liefert Waffen an Katar usw. Das ist doch kompletter Wahnsinn! Einen solchen Zirkelschluss können Sie doch nicht ernst meinen.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Zu Mali selbst und zu dem Mandat. Sie alle reden hier von „Dialog“ und von „Versöhnung“. Wenn es tatsächlich darum ginge, wäre es ja schön und gut; aber darüber stimmen wir heute leider nicht ab. Wir stimmen eben nicht über Maßnahmen der zivilen Konfliktbearbeitung ab. Wir stimmen nicht darüber ab, Mediatoren oder Konfliktbearbeiterinnen nach Mali zu schicken. Wir stimmen nicht darüber ab, dafür zu sorgen, dass Mali endlich eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung nehmen kann. Wir stimmen nicht darüber ab, in Mali Dialogforen zu schaffen. Für all diese Maßnahmen hätten wir wunderbare Expertinnen und Experten in Deutschland; aber die wollen Sie gerade nicht nach Mali schicken. Wir stimmen einzig und allein darüber ab, ob 150 Bundeswehrsoldatinnen und ‑soldaten nach Mali geschickt werden. Ich finde, Sie sollten endlich aufhören, so zu tun, als ob 150 Bundeswehrsoldaten einen politischen Dialog in Mali befördern könnten. Das können sie nämlich nicht.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Jetzt sagen Sie vielleicht, der politische Prozess finde anderswo statt und werde nicht von den Soldaten getragen. Aber auch da lügen Sie sich in die Tasche. Wenn Sie sich die Realität in Mali anschauen, dann sehen Sie, dass das Bild leider sehr viel trauriger ist als jenes, das Sie hier gemalt haben. Natürlich wurde eine Kommission für Dialog und Versöhnung eingerichtet. Aber Sie alle wissen, dass sie seit März genau einmal getagt hat. Sie alle wissen, dass sie sich faktisch selbst aufgelöst hat. Sie alle wissen, dass nur ganz wenige Gruppen daran beteiligt sind. Darauf können Sie sich nicht ernsthaft positiv beziehen.

 

Sie können sich auch nicht ernsthaft positiv auf die Unterstützung durch die malische Bevölkerung beziehen. Ja, sie hat die Militärintervention am Anfang begrüßt. Aber auch Sie wissen, dass die Stimmung mittlerweile in Wut und Frustration umgeschlagen ist. Sie wissen doch, dass es jetzt Wut darüber gibt, dass die Franzosen einen Deal mit der MNLA in Kidal gemacht haben und das Land dort quasi Frankreich und der MNLA übergeben worden ist. Sie wissen auch, dass es Wut darüber gibt, dass Frankreich darauf gedrängt hat, die Wahlen so schnell und hektisch durchzuführen, dass sie überhaupt nicht frei und fair sein können. Sie wissen um diese Wut, und trotzdem unterstützen Sie weiterhin Frankreich.

 

Das, was derzeit in Mali passiert, nennt man wohl einen kurzen Prozess. Von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich wird kurzer Prozess gemacht, um möglichst schnell zum üblichen Geschäft zurückzukehren. Dabei geht es Frankreich natürlich auch um das Geschäft mit den Rohstoffen in Mali.

 

(Günter Gloser (SPD): Das musste ja kommen!)

 

- Da brauchen Sie gar nicht zu jaulen. Wenn Sie sich ordentlich informiert hätten, dann wüssten Sie, dass dies Teil der Abmachung zwischen Frankreich und der MNLA ist, dass es in Art. 3 und Art. 20f. der Vereinbarung ‑ schauen Sie es sich an! ‑ um Rohstoffe, um die Zeit nach den Wahlen geht. Genau das wird jetzt vorbereitet. Da können Sie sich in die Tasche lügen, da können Sie die Augen zumachen. Aber beziehen Sie sich nicht positiv auf die Vereinbarung zum Waffenstillstand, mit der schon heute - das ist einfach Fakt - die Rohstoffe von morgen aufgeteilt werden.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Die Wut der Menschen in Mali ist groß, und Sie unterstützen trotzdem blindlings weiter Frankreich, einfach weil es ein Bündnispartner ist. Das finden wir falsch. Wir finden: Wenn Sie Mali wirklich helfen wollen, dann sollten Sie sich auf einen langen politischen Prozess einlassen. Ich kann Ihnen sagen: Für einen kurzen Prozess bekommen Sie unsere Stimme nicht.

 

(Beifall bei der LINKEN - Florian Hahn (CDU/CSU): Die kriegen wir eh nie! Lassen Sie sich mal etwas anderes einfallen, als Mandate abzulehnen!)