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Kein Kaputtsparen – Demokratie und Sozialstaat verteidigen

Rede von Harald Koch,

Persönliche Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags zur Beratung des Antrags des Bundesministeriums der Finanzen "Finanzhilfen zugunsten der Hellenischen Republik", (Drs. 17/8731)

Ich habe heute gegen den Antrag des Bundesministeriums der Finanzen zu den 'Finanzhilfen zugunsten der hellenischen Republik' gestimmt, weil ich nicht hinnehmen kann, dass in Griechenland Sozialstaat und Demokratie vernichtet werden, indem man die griechische Wirtschaft kaputtspart und die Bevölkerung mit immer neuen Sozial-, Renten-, Lohn- und Mindestlohnkürzungen drangsaliert.


Spardiktate verschlimmern nur die Schuldenfalle, so dass sich Griechenland wie viele deutsche Kommunen in einer Art 'Vergeblichkeitsfalle' befinden. Die unsozialen Kürzungs- und Sparorgien werden gegen den Willen der griechischen Bevölkerung durchgezogen, mannigfaltige Kontroll- und Sanktionsmechanismen gefährden Griechenlands politische Unabhängigkeit in wichtigen Bereichen – und damit gefährden sie auch die Demokratie. So wird Griechenland (und Europa) immer tiefer in eine Krise gestürzt, stattdessen wäre ein strukturierter Aufbauplan vonnöten.


Um Haushalte zu sanieren, müssen vor allem Einnahmen erhöht, nicht immer nur Ausgaben gesenkt werden. Es ist aber geradezu grotesk, dass - wenn man schon die Ausgabenseite betrachtet - niemand die enormen Rüstungsausgaben Griechenlands beschneiden will. Öffentliche Haushalte sind auf der Einnahmeseite meiner Meinung nach durch eine höhere Besteuerung von Reichen, Vermögenden und Großkonzernen auf eine zukunftsfähige Grundlage zu stellen.


EU-weit muss es eine koordinierte und kooperative Wirtschaftspolitik geben. In erster Linie müssen die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte abgebaut werden. Ich fordere deshalb eine europäische Ausgleichsunion, die die Eurostaaten zum Ausgleich ihrer Leistungsbilanzen zwingt. Um das Diktat der Finanzmärkte zu brechen, sollten gemeinsame europäische Anleihen aufgelegt werden. Bedeutsam wäre in diesem Zusammenhang auch die Gründung einer Europäischen Bank für öffentliche Anleihen.


Deutschland hingegen befeuert durch seine hohen Exportüberschüsse die Krise. Stattdessen muss Deutschland endlich die Binnennachfrage stärken, zum Beispiel durch einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro, die Aufstockung des Hartz-IV-Regelsatzes auf mindestens 500 Euro und öffentliche Investitionen in einen sozial-ökologischen Umbau.


Das neue Hilfspaket hat die falschen Adressaten, die griechische Bevölkerung wird noch mehr als zuletzt leiden müssen, und schließlich tragen auch deutsche Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ein Milliardenrisiko. Weil ich für eine Politik der Solidarität stehe und das (europäische) Demokratie- und Sozialstaatsmodell verteidige, habe ich heute gegen den Antrag 'Finanzhilfen zugunsten der hellenischen Republik' gestimmt.