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Kein großer Wurf für Verbraucherinnen und Verbraucher

Rede von Karin Binder,

Frau Präsidentin!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren!

Mit der Umsetzung der Richtlinie für einen besseren Verbraucherschutz bleibt die Bundesregierung deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück. Einige Chancen wurden genutzt, viele andere leider vertan. Ihre Art der Umsetzung dieser EU-Richtlinie ist symptomatisch dafür, wie die Bundesregierung mit dem Thema Verbraucherschutz umgeht: halbherzig und ohne großes Interesse an den Belangen der Verbraucherinnen und Verbraucher.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Positiv zu vermerken ist: Die Widerrufsfrist bei Verträgen, die im Fernabsatz oder an der Haustür geschlossen werden, wurde von 7 auf 14 Tage erhöht. Auch einige Informationsrechte für Verbraucherinnen und Verbraucher wurden verbessert. Auch nichtentgeltliche Verträge, wie sie beispielsweise beim Handel von Daten entstehen können, werden von diesem Gesetz erfasst. Das sind alles kleine Schritte in die richtige Richtung.

Negativ zu verbuchen ist: In vielen Bereichen klaffen Lücken, vor allem beim Mietrecht. Sie hätten die Umsetzung dieser Richtlinie nutzen können, um endlich mehr für die Rechte von Mieterinnen und Mietern zu tun.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Hier hätten Sie ein ganzes Paket schnüren können. Der Mietwohnungsmarkt erfährt derzeit einen rasanten Wandel. Ganze Stadtteile werden verändert, weil Menschen nach Luxussanierungen und Mieterhöhungen aus ihren Wohnungen vertrieben werden. Hier hätte die Regierungskoalition die Möglichkeit gehabt, die steigenden Mieten zu deckeln und Mieterhöhungen bei Neuvermietungen auszuschließen.

(Beifall bei der LINKEN)

Maklerprovisionen sollten grundsätzlich vom Auftraggeber und nicht vom Mieter bezahlt werden müssen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sören Bartol (SPD))

All das haben Sie aber nicht geregelt.

Auch an anderen Stellen hat Ihr Gesetz Defizite. Das Widerrufsrecht ist eine Aneinanderreihung von Ausnahmen, unter anderem bei Finanzdienstleistungen, Bauverträgen und auch der Lieferung von Lebensmitteln. Ähnlich ist es bei den Informationspflichten, zum Beispiel bei den Personenbeförderungsverträgen wie auch bei Warenautomaten. Auch dort haben Sie leider nicht nachgebessert. Unlautere Telefonwerbung dämmen Sie ebenfalls nicht ein. Außerdem kritisieren wir, dass bei telefonisch abgeschlossenen Verträgen ‑ mit Ausnahme von Gewinnspielen ‑ immer noch keine bestätigende Unterschrift geleistet werden muss, um den Vertrag in Kraft zu setzen. Mit der sogenannten Bestätigungslösung hätte man unseriösen Anbietern endlich das Handwerk legen können. Warum die Firmen die Kunden nur bei Gewinnspielen nicht mehr übers Ohr hauen dürfen, erschließt sich mir nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

In Art. 23 der Verbraucherrechterichtlinie der Europäischen Union heißt es ‑ ich zitiere ‑:

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, mit denen die Einhaltung dieser Richtlinie sichergestellt wird.

Wie rechtfertigen Sie vor diesem Hintergrund die gnadenlose Unterfinanzierung der Verbraucherarbeit in Deutschland? Diese Defizite mit Ihrem Gesetz auszugleichen, war nie Ihre Absicht. Und das werden Sie wohl auch in dieser Legislaturperiode nicht mehr tun.

Des Weiteren kritisieren wir, dass Sie die Beweislastumkehr bei der Reklamation von höherwertigen Produkten nicht verbessert haben, obwohl auch dies möglich gewesen wäre. Wieder einmal macht die Regierungskoalition nur einen halben Schritt bei verbraucherpolitischen Umsetzungen von EU-Recht. Das Gesetz ist alles andere als ein großer Wurf für Verbraucherinnen und Verbraucher.

(Beifall bei der LINKEN)

Daran haben wir uns in dieser Legislaturperiode schon fast gewöhnt; aber wir werden uns nicht damit zufriedengeben. Die Fraktion der Linken wird sich deshalb bei Ihrem Gesetzentwurf enthalten.

(Beifall bei der LINKEN)