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Kein Freihandelsabkommen mit den USA

Rede von Ulla Lötzer,

Nachdem es auf WTO-Ebene keine Fortschritte bei den Verhandlungen über die Liberalisierung des Welthandels gibt, setzt die EU seit Jahren verstärkt auf bilaterale Freihandelsabkommen.  Die EU unterstreicht zwar das fortbestehende Interesse Europas am WTO-Multilateralismus, zugleich findet aber eine offene Verschiebung hin zum Bilateralismus statt.

Seit der globalen Finanzkrise und der weltweiten Rezession ab 2007 werden einige der traditionellen Exportmärkte v.a. Deutschlands durch die strenge Austeritätspolitik ­kaputtgespart . Schwellenländer mit großen Binnenmärkten wie Indien, China, Brasi­lien und Indonesien bieten sich daher ebenso als Kompensation an, wie der verstärkte Freihandel mit den USA.

Das Mandat für Verhandlungen mit den USA geht weit über Zollabbau, Marktöffnungen für Investitionen, Dienstleistungen und die öffentliche Beschaffung  hinaus. Im Zentrum des Mandats steht  die Beseitigung „unnötiger Regulierungsschranken“.

Doch was sind denn „Regulierungsschranken“? Es sind vor allem die Gesetze und Vorschriften, die zum Nutzen der Gesellschaft, zum Nutzen von Mensch und Umwelt aufgestellt worden sind. Sicher, die Regulierungen sind in den jeweiligen Ländern verschieden. Das hat politische und kulturelle Hintergründe. Doch eines ist klar: Wenn die Regeln angeglichen werden, dann niemals nach oben. Es geht immer um die Beseitigung von Regulierungen zugunsten der Konzerne und zum Schaden von Mensch und Umwelt.

Als Beispiel sei auf der einen Seite die Zulassung von Arzneimitteln genannt. Die Zulassungsregeln sind in den USA rigider. Klar, dass die europäischen Pharamakonzerne die Hürden für den Eintritt in den amerikanischen Markt senken wollen. Umgekehrt drängen die US-amerikanischen Lebensmittelkonzerne mit gentechnisch veränderten Pflanzen, Chlorhähnchen oder Hormonfleisch auf den europäischen Markt.

Es geht aber nicht nur um den gegeseitigen Zugang zu den vorhandenen Märkten sondern auch um die Zurückdrängung des Staates auf beiden Seiten des Atlantiks, um weitere Deregulierungen und Privatisierungen. Was die GATS-Verhandlungen und die Kommission nicht schaffen, soll dieses Abkommen bringen: Den Abbau jeglichen Schutzes des Dienstleistungssektors vor dem Profitstreben privater Unternehmen. Das betrifft die Kultur und audiovisuelle Dienstleistungen, die die SPD mit ihrem Antrag herausnehmen lassen will, aber auch das Gesundheitswesen und andere Bereiche.

Nun ist das Credo von Bundesregierung und EU-Kommission, dass Freihandel Wachstum und Beschäftigung schaffen würde. Für bestimmte Sektoren wird das stimmen. Doch bei einem faiern Freihandel, also bei einer ausgeglichenen Handeslbilanz, geht es eher um ein Nullsummenspiel. Der Freihandel wird ja z.B. nicht dazu führen, dass die Menschen mehr Medikamente zu sich nehmen. Sie kommen nur von einem anderen Konzern. Das heißt, auf beiden Seiten des Atlantiks wird es Gewinner, aber eben auch Verlierer geben, mit dementsprechenden negativen Auswirkungen auf die Beschäftigten in dieser Branche. Es sei denn, man schafft sich durch den Abbau und die Angleichung von Regeln einen gemeinsamen Wettbewerbsvorteil gegenüber China, Japan und andere Regionen der Welt. Dann gibt es Wachstum in der EU-USA-Zone – zum Nachteil des Rests der Welt.

Während soziale und ökologische Regulierungen beiderseits des Atlantik abgebaut werden, sollen im Gegenzug die Rechte der Konzerne durch ungehinderter Niederlassungsfreiheit und umfangreichem Investitionsschutz gestärkt werden. Wohin solche Investitionsschutzabkommen führen, kann man am Beispiel Vattenfall sehen. Vattenfall hat die Bundesregierung vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von  Investitionsstreitigkeiten wegen der gesetzliche Stilllegung von Brunsbüttel und Krümmel verklagt. Ein Schiedsspruch aus Washington würde Vattenfall die Vollstreckung in allen 158 ICSID-Vertragsstaaten eröffnen. Der Schiedsspruch selbst ist einer Überprüfung durch nationale Stellen entzogen. So werden demokratisch gewählte Parlamente ihrer Gesetzgebungsgewalt beraubt.

Wir lehnen ein solches Abkommen zulasten von Mensch und Umwelt ab. Wir unterstützen den Antrag der Grünen, dass der Deutsche Bundestag von seinem Recht zur Stellungnahme Gebrauch machen wird. Wir unterstützen auch das Anliegen des SPD-Antrages, audiovisuelle und kulturelle Dienstleistungen keiner weiteren Liberlaisiserungspflicht zu unterwerfen. Leider, meine Damen und Herren von der SPD, ist Ihr Antrag ansonsten blind gegenüber den anderen Gefahren und negativen Folgen dieses Verhandlungsmandates, weswegen wir uns zu diesem Antrag enthalten werden.