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Kein Ausbau des Sacrow-Paretzer-Kanals

Rede von Diana Golze,

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in!, Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Die Planungen zum Sacrow-Paretzer-Kanal sind ein Schildbürgerstreich erster Güte. Was sich die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost (WSD Ost)hier leistet, muss einmal in aller Ausführlichkeit gewürdigt werden.

An erster Stelle auf dieser Negativ - Würdigungsliste steht für mich, dass ein Planfeststellungsbeschluss ohne substanzielle Begründung erlassen wurde. Mit substanziell meine ich, dass keine konkreten Verkehrszahlen genannt werden. Ein so großes Projekt zu planen, ohne es mit konkreten Fakten zu unterlegen, ist für nicht nur für mich mehr als fragwürdig. Wer sich ein wenig mit Verkehrspolitik beschäftigt, weiß: Verkehrsprojekte werden damit begründet, dass es einen Bedarf gibt. Und dieser Bedarf leitet sich aus dem Verkehrsaufkommen ab, das auf einer Straße oder wie in diesem Fall auf einem Kanal erwartet wird. Dazu werden Verkehrsprognosen erarbeitet, die zeigen, ob der Verkehr ausreicht, ein Projekt zu bauen - oder nicht. Dass ich mit meinem Anspruch an Verkehrswegeplanung nicht ganz verkehrt liege, wird dadurch deutlich, dass dies seit jeher auch vom Verkehrsministerium so gehandhabt wird.

Auch wenn wir bei einigen Planungen zu anderen Ergebnissen kommen würden, sollte wenigstens diese - auf der Basis von fundierten Erhebungen fußende Arbeitsweise - gängige Praxis bleiben.

Beim Ausbau des Sacrow-Paretzer-Kanals bekommt man allerdings den Eindruck, dass Verkehrsprognosen die WSD Ost gar nicht interessieren. Sie ist offenkundig der Auffassung, dass die Zahlen für die Festlegung des Bedarfes eines Ausbaus unerheblich sind. Dass dabei die Parlamentarische Staatssekretärin Karin Roth in der Fragestunde am 24 September 2008 Schützenhilfe gegeben hat, macht den Sachverhalt noch ein Stück makaberer.

Wenn man sich die entsprechenden Verkehrsprognosen allerdings einmal ansieht, dann weiß man natürlich auch, warum das Ministerium und die WSD Ost diese nicht berücksichtigen wollen:

Die Ende 2007 vorgelegten Zahlen liegen nämlich um 70 bis 80 Prozent unter den früheren von Anfang der 1990er Jahre. Der Schildbürgerstreich wird dadurch komplett, dass die Ausbauentscheidung auf diesen alten Prognosen beruht. Mit den aktuelleren Erhebungen wäre freilich der Ausbau nicht mehr zu rechtfertigen.

Dabei kennt die Bundesregierung die Fakten! In ihrer gestern eingetroffenen Antwort auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion, die auf meine Initiative hin eingereicht wurde, werden sie alle aufgelistet! Andererseits verschweigt die gleiche Staatssekretärin hier die Zahlen aus den alten Prognosen - und damit die erhebliche Differenz.

Meine Damen und Herren, der Ausbau ist nicht zu rechtfertigen!

Auf die schwerwiegenden ökologischen Folgen will ich an dieser Stelle gar nicht eingehen. Die verkehrspolitischen und haushaltspolitischen Gründe reichen völlig aus, dieses Projekt umgehend zu beenden.

Die rot-rote Koalition in Berlin ist mit gutem Beispiel vorangegangen - das Abgeordnetenhaus hat einen Beschluss gefasst, im Berliner Abschnitt des VDE 17 auf den Ausbau zu verzichten. Warum kann nicht in Brandenburg das gehen, was auch in Berlin gehen kann? Wir brauchen keinen Ausbau für den reibungslosen Begegnungsverkehr auf dem Sacrow-Paretzer-Kanal, und wir brauchen auch keine Vertiefung auf eine Abladetiefe von 2,80 Meter.

Wenn es ein Wachstum in der Binnenschifffahrt gibt, dann bei den zweilagigen Containerverkehren. Für die reichen 2,20 Meter Abladetiefe aber aus. Deswegen reicht eine Sanierung des Kanals völlig aus.

Ich bin allerdings nicht völlig ohne Hoffnung, dass sich das Verkehrsministerium und die WSD Ost doch noch Sachargumenten öffnen. Schließlich ist gegen den Planfeststellungsbeschluss eine Klage des BUND anhängig, die angesichts der völlig unzureichenden Projektbegründung sehr aussichtsreich ist. Auch die Stadt Potsdam klagt.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wird erst nach der Bundestagswahl erwartet. Die Bundesregierung hat also noch etwas Zeit, ihr Gesicht zu wahren und vor einem vernichtenden Urteil ihre Planungen zu stoppen.

Statt Stück für Stück die veralteten Planungen zu realisieren - mit einer erheblichen Verschwendung von Steuergeldern - fordere ich die Bundesregierung dazu auf, auf Basis der aktuellen Verkehrsprognosen und der aktuellen Entwicklung in der Binnenschifffahrt ein neues Gesamtkonzept für die Elbe und die Wasserstraßen östlich der Elbe zu entwickeln.

Die für diesen Ausbau geplanten 65 Millionen sollen hier völlig sinnlos verschwendet werden. Wie Sie sich sicher vorstellen können, hätte ich viele Vorschläge, wo man dieses Geld nutzbringender verwenden könnte. Die Bezeichnung „nachhaltig“ würden zum Beispiel auch die Investitionen in den KiTa-Ausbau und in Bildung verdienen. Und wenn es nur dafür gut ist, dass die kommende Generation bedachter und klüger mit unserer Umwelt umgeht, weil sie es besser weiß.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit