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Kaum Geld und wenig Kompetenzen für das Außenministerium

Rede von Michael Leutert,

Rede zum Haushalt 2013 des Auswärtigen Amts

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Haushalt des Auswärtigen Amtes betrachtet, sieht man große Ansprüche bei den gestellten Aufgaben, aber keine entsprechende Ausstattung mit finanziellen Mitteln. Die Aufgaben werden im Vorwort des Einzelplanes klar definiert. Danach dient der auswärtige Dienst unter anderem erstens einer dauerhaften, friedlichen und gerechten Ordnung in Europa und der Welt, zweitens der Wahrung der Menschenrechte sowie drittens dem Aufbau eines vereinten Europas.

Schauen wir uns an, wie viel Geld bereitgestellt wird, um diese großen und wichtigen Aufgaben zu erfüllen, so kann man nur feststellen, dass gemessen an diesen Aufgaben der auswärtige Dienst nur mangelhaft ausgestattet ist. Das Auswärtige Amt verfügt über 3,5 Milliarden Euro. Das sind gerade einmal 1 Prozent des Gesamtetats. Im Gegensatz dazu verfügt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung über 6,4 Milliarden Euro, also über fast doppelt so viel. Auch wenn der nächste Vergleich etwas hinkt, da die Bundeswehr wesentlich mehr Personal hat als das diplomatische Korps, ist er trotzdem erwähnenswert. Der Verteidigungsminister hat immerhin Zugriff auf 11 Prozent des Bundeshaushaltes; das sind circa 33 Milliarden Euro. Der entscheidende Fakt, auf den ich hinweisen möchte, ist der Umstand, dass der Verteidigungsminister in den letzten vier Jahren noch einmal 2 Milliarden Euro mehr bekommen hat. Noch einmal zum Vergleich: Das Auswärtige Amt verfügt über insgesamt 3,5 Milliarden Euro, der Verteidigungsminister hat in den letzten vier Jahren 2 Milliarden Euro on top bekommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, das macht deutlich, dass wir uns in einer Schieflage befinden.

Der Kollege Frankenhauser hat in den diesjährigen Haushaltsverhandlungen mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass wir uns über die Problematik der Finanzausstattung des Auswärtigen Amtes Gedanken machen müssen. Entweder wir verfahren nach dem Top-down-Prinzip - das heißt, es gibt die Festlegung, dass für die Außenpolitik lediglich 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung stehen, und dann müssen die Haushälter sehen, wie das Geld verteilt wird -- , oder aber es werden zuerst die Aufgaben definiert, und anschließend nehmen wir das Geld in die Hand, das wir tatsächlich benötigen, um diese Aufgaben wahrnehmen zu können.
Derzeit wird nach der Top-down-Methode verfahren; das heißt, wie gesagt, dass der vorab umrissene Finanzrahmen nicht überschritten werden darf. Für jede Änderung, die in den Verhandlungen vorgenommen wird, muss also auch eine Deckungsmöglichkeit im Etat des Auswärtigen Amtes gefunden werden. Das führt dann allerdings zu absurden Anträgen der Koalition, zum Beispiel bei dem sehr richtigen und wichtigen Projekt der Intensivierung der europäischen Integration 1 Milliarde Euro obendrauf zu legen, dieses Geld allerdings im Bereich der Abrüstung einzusparen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, halten wir von der Linken für den falschen Weg.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke will im Gegensatz dazu mehr Ausgaben in den Bereichen humanitäre Hilfe, Förderung der Menschenrechte, Abrüstung und Rüstungskontrolle. Wir schlagen vor, in diesen drei Bereichen insgesamt 215 Millionen Euro mehr auszugeben. Das ist noch bescheiden, wäre aber eine annähernd angemessene Finanzierung.
Noch deutlicher wird die Unterfinanzierung im Übrigen, wenn man sich vor Augen hält, dass die Hälfte des Budgets des Außenministers durch Personal- und Betriebskosten und durch Pflichtbeiträge an internationale Organisationen gebunden ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei solch einer Unterfinanzierung ist an große Projekte und außenpolitische Strategien natürlich nicht zu denken.

Für eine strategische Ausrichtung des Auswärtigen Amtes und seiner Politik bedarf es zudem nicht nur des Geldes, sondern auch der dazugehörigen Kompetenzen. Da herrscht meines Erachtens einiges Durcheinander. Ich möchte das gern an zwei Beispielen verdeutlichen.
Erstens ist die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Auswärtigen Amt zu benennen. Als die FDP vor vier Jahren angetreten ist, wollte sie ja eigentlich das BMZ ins Auswärtige Amt integrieren. Das galt so lange, wie Dirk Niebel noch nicht Minister war. Mittlerweile, nach vier Jahren Arbeit von Schwarz-Gelb, hat das Entwicklungshilfeministerium einen zweimal so umfangreichen Etat und auch noch doppelt so viel Aufwuchs wie das Auswärtige Amt zu verzeichnen. Zusätzlich wird nun versucht, durch Übertragung von Projekten und Personal Aufgaben neu zu verteilen.
Zweitens ist das Thema Europa zu benennen. Da stellt sich die Frage, wer in der Bundesregierung in europäischen Angelegenheiten eigentlich den Hut aufhat. So richtig Außenpolitik ist es ja nicht mehr. Aus diesem Grund wurden folgerichtig auch die europäischen Auslandsschulen in das Ressort des Bildungs- und Forschungsministeriums verschoben. Der Finanzminister Herr Schäuble darf die Zukunft Europas im Milliardenrahmen verhandeln, während sich Minister Westerwelle mit 3 Millionen Euro begnügen muss, um die Aufgabe des Aufbaus eines vereinten Europas zu erledigen.
Zusammengefasst sieht es letztendlich so aus: In den Ländern, in denen militärische Konflikte stattfinden,

(Philipp Mißfelder (CDU/CSU): Ach du meine Güte! Nicht das schon wieder!)

hat mittlerweile der Verteidigungsminister das Sagen.

(Philipp Mißfelder (CDU/CSU): So ein Quatsch!)

In den Ländern, in denen keine bewaffneten Auseinandersetzungen stattfinden, kann der Entwicklungshilfeminister mit 6 Milliarden Euro im Rücken großzügig Projekte anschieben. In den europäischen Fragen geben die Kanzlerin und Schäuble die Richtung vor. Dem Außenminister bleibt nichts weiter übrig, als ein paar Hände zu schütteln.

(Heiterkeit des Abg. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE))

Wenn dieser Zustand nicht geändert wird, liebe Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir nicht weiter über Außenpolitik zu reden, auch nicht über außenpolitische Strategien.
Diesen Weg hält die Linke für falsch. Wir wollen ein starkes Auswärtiges Amt als die tragende Säule der zivilen Außenpolitik. Wir wollen, dass in den Bereichen Menschenrechte, humanitäre Hilfe und Abrüstung endlich die Gelder eingestellt werden, die dafür benötigt werden. Erst wenn diese Bereiche so finanziert sind, dass diese Aufgaben tatsächlich erledigt werden können, können wir dem Haushalt zustimmen.
Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)